14.01.2010

Irgendwann Februar 1990

Auch vor (gefühlten) "100 Jahren" war ich mit meiner geschätzten Dämonen-Familie schon bekannt und gerade unwissend naiv dabei ihr die Stirn zu bieten. Was für ein lächerlicher Versuch.

Verwirrt versuchen meine Augen die Umgebung an den Geist weiterzuleiten.
Der Kommunikation zwischen ihnen wurde jedoch unbegreiflicherweise die Grundlage entzogen.
Eine weibliche Stimme raunt "Nicht wieder einschlafen" und irgendwas klatscht in mein Gesicht. Nicht ganz wissend wo ich bin, geschweigedenn was ich dort mache, bemerke ich zumindest schon mal dass ich mich in der Horizontalen befinde. Mein Visus beschränkt sich auf die Senkrechte, was das Auskundschaften der aktuellen Lage von vornherein etwas erschwert. Zumindest befindet sich ein Dach über meinem Kopf, denn die Decke ist mit unkleidsamen Platten ausgestattet, quadratisch, schmutziggrau und gelocht. Weil ich es nicht besser weiß, beginne ich hochkonzentriert die eingestanzten Löcher derselben zu zählen. Während ich völlig darin aufgehe, kehrt die Wahrnehmung langsam in meinen Körper zurück.
Die Stimme fragt nach Namen und Geburtsdatum, ich murmle mir irgendwas in den nicht vorhandenen Bart. Alles ist schwarz und es fühlt sich gut an. Einfach fallen lassen. Wieder ist die Stimme da. Sie fragt mich das gleiche, wie blöd sind die hier?
Mit Erschrecken muss ich feststellen dass meine Hände unter der Decke bloße Beine berühren, was mich doch etwas irritiert, ich könnte wetten heute eine Hose angezogen zu haben. Mein Innerstes fühlt sich an als wäre ein 40-Tonner durchgefahren. Die Kehle trocken und schmerzend, der Mund wie Laternenpfahl ganz unten, die Eingeweide wie durchgequirlt. Von irgendwoher höre ich eine Männerstimme "Heiiidiiii" rufen, das einzige was mir dazu einfällt ist mit "Jaaa Peeteeer" zu antworten, was eine grüngewandete Dame auf den Plan ruft.

"Aha, da ist jemand wach! Wird dich wohl nicht freuen das zu hören" bemerkt sie spitz, streicht mir aber beruhigend über die Wange. "Wat will diiie??" denk ich mir und taste mit den Händen weiter hoch, Haut, überall Haut. Ganz am oberen Ende etwas Baumwollartiges, das ich mir mit Sicherheit nicht selbst angezogen habe. Langsam kriecht ein ungutes Gefühl in mir hoch. Ich liege auf einem Bett, soviel ist klar. Als ich versuche den Kopf zu heben um unter die Decke zu sehen, tanzen 1000 Lichter vor meinen Augen, fast wette ich schon auf einem Karussell zu liegen. Mein Hals schnürt sich zusammen und mein Magen grummelt ungehalten vor sich hin. Während ich vorsichtig zur Seite sehe, wiederholt sich das Spiel in abgeschwächter Form. Lieber die Augen schließen und an nichts denken. Als ich das xte Mal wach werde, tappsen kleine Schritte neben das Bett, ich öffne die Augen und kann gerade noch sehen wie sich die bittere Erkenntnis auf das Bett schwingt. Neben mir befindet sich eine grün gekachelte Wand, auf der anderen Seite eine Weitere, dazwischen ist noch Platz, das Ganze wirkt schlauchartig. Die bittere Erkenntnis zerrt an der Decke und klatscht mir mit voller Wucht einen eiskalten Waschlappen ins Gesicht. Der Schlauch ist ein Krankenhausflur und ich habe auf ganzer Linie versagt. Verflixt.

Einen Wimpernschlag lang spiele ich mit dem Gedanken das Weite zu suchen. In der Aufmachung aber irgendwie eine kontraproduktive Idee. Außerdem schaffe ich es immer noch nicht den Kopf zu heben ohne Sterne zu sehen. Also erstmal die Augen schließen. Behutsam klettert die Verzweiflung zu mir auf das Bett und wickelt behäbig die Trauer und das Bedauern aus ihrer Tasche. Eine gefühlte Ewigkeit heule ich still vor mich hin. Aber ich bin nicht allein, die halbe Familie Dämon steht an meinem Bett. Ich hasse mich in diesem Moment noch mehr als sonst. Nicht in der Lage das enervierende Leben ordentlich auf die Reihe zu bekommen, aber auch nicht es zu beenden. Soll ich froh sein? Dass Morgen alles wieder von vorne beginnt? Nur mit der Gewissheit noch einmal mehr versagt zu haben. Durch den Nebel dringt Unverständliches zu mir durch. Ein Mann in grünen Sachen redet besänftigend auf mich ein. Der kann mich mal. Ich heule bis die Nase zu ist. Irgendwer reicht mir ein Papiertuch. Die Wut kuschelt sich an mich. Sie hält mich wach. Der Irrsinn nagt an meinem Bett, ich bin versucht ihm nachzugeben, lasse es aber. Morgen ist auch noch ein Tag. Leider.