30.12.2006

Panzer , Marita A. - Englands Königinnen. Von den Tudors zu den Windsors.


Broschiert: 548 Seiten
Verlag: Piper; Auflage: 3., Aufl. (April 2003)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3492236820
ISBN-13: 978-3492236829

Kurzbeschreibung (Amazon)
Die britische Monarchie zählt zu den ältesten in Europa. Ihren Glanz und ihre Popularität verdankt sie nicht nur ihren Königen, sondern in gleichem Maße ihren Königinnen. Erstmals werden nun in diesem Band die Schicksale aller regierenden englischen Königinnen und Königsgemahlinnen vom 16. Jahrhundert bis heute vorgestellt.
Nicht alle Königinnen waren so selbst- und machtbewußt wie Elisabeth I. oder so populär wie Viktoria, nach der ein ganzes Zeitalter benannt wurde. Einige starben von Henkershand, wie Anna Boleyn und Katharina Howard, oder endeten in der Verbannung, wie Henrietta Maria von Frankreich und Maria Beatrice von Modena.
Und dennoch: Trotz zahlreicher Schicksalsschläge, mit denen auch die heutigen Royals konfrontiert sind, geht nach wie vor vom englischen Königshaus eine große Faszination aus

Über den Autor
Dr. phil. Marita Panzer, geb. 1949, Studium der Geschichte, Germanistik und Geografie in München. 1981 Promotion in Bayerischer Geschichte. Lebt als freie Historikerin und Autorin in München. Tätig vor allem in der Frauenbildung, -forschung und -politik. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Themen aus der Sozial- und Gesellschaftsgeschichte.

Salvatore, R. A - Neuland


Titel: Neuland
Reihe: Vergessene Reiche - Die Saga vom Dunkelelf 3
Originaltitel: Forgotten Realms Vol.3: The Legend of Drizzt - Sojourn
Story: R.A. Salvatore
Script: Andrew Dabb
Zeichnungen: Tim Seeley
Tuschzeichnungen: John Lowe & Robert Q. Atkins
Farben: Blond
Übersetzer: Oliver Hoffmann & Astrid Mosler
Seiten: 144
ISBN 10: 3-8332-1439-2
ISBN 13: 978-8332-1439-4
Verlag: Panini, 2006
Rezension: Frank Drehmel


Drizzt Do´Urden hat das Unterreich und die Intrigen der mörderischen Drow-Gesellschaft hinter sich gelassen, um zusammen mit seinem magischen Panther, Guenhwyvar, unter der Sonne Faerûns ein neues Leben zu beginnen. Doch dieses Leben gestaltet sich alles andere als einfach: zum einen begegnen Drizzt täglich unbekannte Wunder und -vor allem- Gefahren, die es zu meistern gilt, zum anderen misstrauen die Bewohner der Oberwelt jedem Dunkelelfen aufs Tiefste.

Als eine Bauernfamilie von einem Barghest, einem Gestaltwandler, grausam niedergemetzelt wird, macht man sofort Drizzt verantwortlich und setzt eine hohe Belohnung für seine Ergreifung aus. Verfolg von einer Gruppe Jäger -darunter auch die berühmte “Taube Falkenhand” und der Kopfgeldjäger Roddy McGristle, der noch eine persönliche Rechnung mit dem Elfen offen hat- flieht der junge Drow in die Einsamkeit der Wälder.

Nach einem harten Winter, den er nur dank Guenhwyvars Jagdgeschick mit Mühe überlebt, begegnet Drizzt dem Menschen Montolio, einem alten, blinden Waldläufer. Jener weise Mann erkennt rasch die Naturverbundenheit des Drow, wird fortan sein Mentor und lehrt ihn den Weg der Göttin Mielikki.

Kurz nachdem Elf und Mensch gemeinsam eine Bande marodierender Orks, welche den Hain des Waldläufers bedrohen, zurückgeschlagen haben, schläft der Alte nach einem erfüllten Leben friedlich für immer ein.

Damit beginnt für Drizzt eine neue Reise, die ihn hoch in den Norden nach Zehn Städte führt, wo er die ersten beiden seiner späteren Gefährten und Freunde trifft: den Zwerg Bruenor Heldenhammer und dessen menschlich Adoptivtochter Catti-brie.

Auch für die Comic-Adaption des abschließenden dritten Bandes R.A.Salvatores’ D&D-Maßstäbe setzender “Dunkelelf-Trilogie” zeichnet das bewährte Team “Dabb & Seeley” verantwortlich. Dabbs Script erweist sich einmal mehr als eine sehr werknahe Interpretation, wobei wegen der grundsätzlich unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten im Comic einige Nuancen und Zwischentöne des Romans -die Reflektionen und Innenansichten der Charaktere, Taubes wachsende Zweifel an der Schuld Drizzts oder dessen Waldläufer-Lektionen- zum Teil verloren gehen (müssen), eine Reduktion auf das Wesentliche der Geschichte allerdings nicht per se nachteilig ist, zumal die Story auch so noch mehr als genug an Dichte und Atmosphäre besitzt.

Eher enttäuschend -gerade im Vergleich zu Seeleys Artwork im zweiten Band- ist hingegen die künstlerisch-grafische Umsetzung der Geschichte. Seitenlayout und Zeichenstil entsprechen zwar dem der beiden Vorgänger-Bände, dennoch fehlt es den Figuren diesmal an Seele, sind Orks, Barghest oder die Jäger (Taube, McGristle, u.a.) sehr konventionell, unspektakulär, beliebig und mit wenig Verve umgesetzt. Kaum hat man weiter geblättert, sind sie auch schon vergessen, da sie das Herz des Lesers kaum erreichen.

In diesem Zusammenhang ist tröstlich, dass nur ein Protagonist grafisch wirklich verhunzt wurde: Bruenor Heldenhammer, der Zwerg, der in den späteren Bänden noch eine zentrale Rolle spielen wird! In der Mehrzahl der Panels, die ihnen in seiner ganzen “Gewaltgkeit” abbilden (sollten), erscheint er von den Proportionen her wie ein kleiner Mensch mit zu großem Kopf, wodurch es ihm eklatant an Massigkeit, zwergischer Erdverwurzeltheit und Präsenz mangelt. Catti-Brie hingegen kann man in ihrer Kulleraugen-Zuckersüße zwar gerade noch akzeptieren, sie belegt allerdings, dass die realistische -oder realitätsnahe- Darstellung von Kindern und Jugendlichen nicht zu Seeleys Stärken gehört.

Fazit: Auch der dritte Band der “Saga vom Dunkelelf” ist ein Leckerbissen für jeden “Sword & Sorcery”-Fan. Bedauerlicherweise kann Tim Seeleys Artwork diesmal nicht ganz das halten, was Andrew Dabbs Script verspricht.


Caluka, Erin D. - Earth Universe - 2140 - Der letzte Krieg

Titel: 2140 - Der letzte Krieg
Reihe: Earth Universe
Autor: Erin D. Caluka
Seiten: 2283
ISBN 10: 3-8332-1385-X
ISBN 13: 978-3-8332-1385-4
Verlag: Panini/Dino, 2006
Rezension: Frank Drehmel

Wir schreiben das Jahr 2140: Zwei Großmächte -die Eurasische Dynastie (ED) und die United Civilized States (UCS)- kämpfen auf einer durch Atomkriege verheerten Erde um die ideologische Vorherrschaft und die wenigen verbliebenen Rohstoffe. Insbesondere Uran steht als Ausgangsmaterial für weitere Bomben ganz oben auf der Wunschliste der beiden despotischen Führer, Tiao Zhan Zhe Khan auf Seiten der ED und seinem Widersacher, der künstlichen UCS-Intelligenz MASTERCOM.

Eine dritte Macht, die Lunar Corporation (LC), deren Haupt-Stützpunkt auf dem Mond liegt, hält sich zwar offiziell aus diesem Konflikt raus, verkauft allerdings munter Technologie und Know-how an beide Kriegsparteien. Für diese dubiose Organisation arbeitet der junge brillante Atomphysiker Ben Havgenn, der als Kind aus dem Terror-Regime der ED fliehen konnte, dabei allerdings seine Eltern und seine Schwester Samantha auf der Erde zurücklassen musste. Nach gut sechs Jahren lunarisches Exil verspürt er einen inneren Drang, seine vermisste Schwester -von seinen Eltern nimmt er an, dass sie tot seien- auf der verwüsteten Erde zu suchen, kündigt seinen gut dotierten Job und macht sich auf die gefährliche Reise.

Während Ben auf der verseuchten Oberfläche relativ ziellos umherstolpert, beginnt sich die militärische Lage -erneut- zuzuspitzen: Um die Aufrüstung zu forcieren, ernennt der Khan die hochdekorierte Soldatin Suzan Mercowa kurzer Hand zur Leiterin eines neuen Atomwaffenprogramms, woraufhin die UCS-Führung -also MASTERCOM- einen ins finnische Exil ausgewanderten Schachgenius und überragenden Strategen, Dr. Jeff Dickens, mit der Absicht anwirbt, die Aktivitäten der Gegenseite vorauszusehen und ihnen adäquat zu begegnen.

Wie der Zufall es will, gerät Ben in UCS-Gefangenschaft. Dickens erkennt das Potenzial des jungen Physikers und überzeugt ihn, sich als Agent in die ED einschleusen zu lassen, um deren Kriegsvorbereitungen auszuspionieren. Dank seiner überragenden wissenschaftlichen Fähigkeiten und trotz des Misstrauens seitens hochrangiger Militärs gelingt es Ben, eine zentrale Rolle in der ED-Waffenentwicklung einzunehmen. Zugleich erkennt er, dass auch Mercowa zunehmend Zweifel an den Kriegsabsichten ihres despotischen Khans hegt, und er glaubt, dass er selbst, Dickens und die Soldatin die einzigen Personen sind, die den bevorstehenden neuen Weltkrieg verhindern können. Doch dafür ist es längst zu spät.

Der vorliegende Roman basiert auf ZUXXEZ Enterainments erfolgreicher PC-Game-Reihe, die zur Zeit “Earth 2140”, “Earth 2150”, “Earth 2160” sowie einige Add-Ons umfasst.

“[...] Ben landet auf einem sterbenden Planeten. Nuklear verbrannte Wüsten bedecken die Oberfläche, über die immer noch ein Krieg tobt, der droht, die Erde zu vernichten - und Ben mit ihr.”

Was laut Backcover als vollmundige Ankündigung einer alptraumhaften Suche auf einer apokalyptischen Ruinen-Welt verstanden werden kann, entpuppt sich im Roman schlichtweg als groteske, lächerliche Verarschung all jener Leser, deren Intelligenzquotient höher ist als 75.

Wie fast immer hat auch in diesem Buch das Elend mehrere Gesichter: zunächst wäre da das weitgehende Fehlen bildhafter, atmosphärisch dichter Beschreibungen einer nuklear verseuchten Umwelt im Speziellen oder wenigstens von Land(schaften), Orten und sogar Protagonisten im Allgemeinen zu nennen. In Folge dessen wirken die wenigen Handlungsorte -i.d.R. anonyme Militärbasen- genauso beliebig, austauschbar wie die Protagonisten, denen es an Körperlichkeit bzw. Eigenständigkeit mangelt und deren klischeehafte, triviale Motive sie zu lächerlichen Popanzen machen.

Ebenfalls für überflüssig hält Caluka -ob sich hinter dem Namen/Pseudonym Mann oder Frau verbergen, konnte auf die Schnelle nicht ermittelt werden- anscheinend das nähere Eingehen auf die politischen, ökonomischen, militärischen bzw. -allgemeiner- gesellschaftlichen Zustände und Konstellationen innerhalb der Machtblöcke -ED, UCS, LC- sowie zwischen ihnen, obgleich genau diese Hintergrundinformationen zum einen das Salz in der Suppe der Earth-PC-Spiele-Fans wären und sie zum anderen die Minimal-Voraussetzung für die Plausibilität einer sonst hanebüchenen Story darstellten.

Man mag der Menschheit des Jahres 2140 viel Schlechtes nachsagen, aber dass -wie uns der Autor Glauben machen will- das Schicksal der zukünftigen Erde in den Händen eines pazifistischen Exil-Schachspielers, eines jungen Atomphysikers und einer frustrierten ED-Kommandeurin und ihren kleinen, persönlichen Fehden bzw. Scharmützeln liegt und das gesamte übrige ökonomisch-militärische System (Forschungseinrichtungen, Truppen-Verbände, Know-how und vor allem die unzähligen Menschen dahinter) bedeutungslos ist, hört sich im Kern und in der im Buch präsentierten Verkürzung so blödsinnig an wie die Kindergarten-Weltretter-Zeichentrick-Storys des einschlägigen TV-Nachmittagsprogramms.

Als Resultat dieser oberflächlichen Abhandlung (eines -zugegeben- prinzipiell interessanten Ansatzes) steht der Leser vor einem Berg unbeantworteter Fragen, von denen die beiden zentralen lauten: Warum handeln die Figuren, wie sie handeln? Warum treten neben den drei angesprochenen Figuren, den beiden GröFaz, MASTERCOM und Khan “Wahnsinn”, sowie ihrer Speichellecker keine anderen bedeutsamen Akteure im Kriegsspiel der Supermächte auf?

Immerhin beweist Caluka insofern Konsequenz, als er nicht nur den gesellschaftlichen Kontext simpel und primitiv dargestellt, sondern auch die technischen, physikalischen Aspekte so abhandelt, als würde er für grenzdebile Leser schreiben. Earth-”21xx”-Spieler mögen sich im Setting genauer auskennen, unbedarfte Leser jedoch werden sich fragen, wie Ben, der jahrelang im Schwerefeld des Mondes lebte, auch auf der Erde keinerlei Probleme mit längeren Fußmärschen zu haben scheint, weshalb man sich bei aller Hi-Tech (Ionengranaten, Cyborgs, KI ....) unbedingt anachronistisch wirkende A-Bomben auf den Kopf schmeißen muss, um sich zu vernichten, und was -zum Teufel- sich hinter den Namen “Kazuar”, “Grozny” und “Scorpion” verbirgt.

Auf der stilistischen Ebene dominieren dröge, uninspirierte Dialoge, handlungssorientierte lustlose Beschreibungen und ein übersichtlicher -immerhin- Handlungsaufbau, der auch einen durchschnittlichen 8-Jährigen -abgesehen von zwei oder drei überraschend gewaltvollen Szenen- nicht überfordert.

Fazit: Unausgegoren, albern, naiv, unlogisch, unplausibel, langweilig, farblos, beliebig, dröge geschrieben, -kurz und “gut”: grottenschlecht und eine geradezu negative Werbung für die zu Grunde liegenden PC-Strategie-Spiele

Battlestar Galactica - Battlestar Galactica - Die offizielle Vorgeschichte zur TV-Serie

Titel: Battlestar Galactica - Die offizielle Vorgeschichte zur TV-Serie
OT: Battlestar Galactica
Autor: Jeffrey A. Carver

Ü: Claudia Kern
Seiten: 298
ISBN-10: 3-8332-1444-9
ISBN-13: 978-3-8332-1444-8
Verlag: Panini/Dino, 2006
Rezension: Frank Drehmel


Da sich die moderne Neu- und Uminterpretation von Glenn A. Larsons angestaubter, rund dreißig Jahre alter “Kampfstern Galactica”-Serie in den USA zu einem Gewinn bringenden Unterfangen mauserte und zwischenzeitlich weltweit einen festen Platz im Herzen vieler SciFi-Nerds erobern konnte, ließen -wen wunderts- die ersten (neuen) Romane nicht lange auf sich warten.

Den Beginn der Buch-Reihe macht eine “Novelization” jener 2003er-TV-Miniserie, die den aktuellen Erfolg begründete.

40 Jahre herrschte Frieden zwischen den Zylonen und den zwölf Kolonien der Menschen; 40 Jahre, in denen die Maschinenwesen spurlos verschwunden waren, sodass die Gefahr fast in Vergessenheit geriet.

Just zu dem Zeitpunkt, als das letzte monumentale Relikt des großen Krieges, das technisch vollkommen antiquierte Raumschiff “Galactica” für immer stillgelegt werden soll, kehren die Zylonen zurück. In einem Handstreich legen sie durch ein Computervirus, welches sie mit -unfreiwilliger- Hilfe des genialen Wissenschaftlers Dr. Gaius Baltar entwickelt haben, das zentrale Kommunikationssystem der Kolonien und damit sämtliche planetoiden Verteidigungsmechanismen einschließlich der modernen Kriegsschiffe lahm, zerstören nahezu die gesamte Flotte der Menschen und töten in einem nuklearen Holocaust Milliarden von Kolonisten. Lediglich die Galactica und einige kleinere zivile Raumer können der Vernichtung entgehen, da das Virus in den veralteten Schiffssystemen keine Angrifsspunkte findet.

Den Überlebenden -darunter auch der zufällig gerettete Baltar und Präsidentin Laura Roslin- bleibt keine andere Option als die Flucht vor dem gandenlosen Feind, auch wenn die Militärs an Bord der Galactica dieses zunächst nicht wahrhaben wollen. Und so führen Commander Adama und Roslin nach hitziger Diskussion eine kleine Flotte in die Tiefen des Alls, auf die Suche nach einem neuen, sicheren Heimatplaneten.

Doch die Zylonen bleiben den Flüchtlingen dicht auf den Fersen. Mehr noch: es gelang ihnen, einige künstliche, von Menschen äußerlich nicht zu unterscheidende Cyborgs in die Reihen der Fliehenden einzuschleusen.

Bemerkenswert an dem Roman ist in erster Linie, dass sich J. A. Carver penibel an seine filmische Vorlage hält und -wo dieses möglich bzw. sinnvoll ist- sowohl in Hinblick auf Szenenabfolge und -inhalt als auch die Dialoge eine “Einszueins”-Umsetzung abliefert. Damit bietet der Roman treuen Fans der neuen Serie kaum Spektakuläres -allenfalls in einigen Schlüsselszenen wird der innere Antrieb der Protagonisten etwas deutlicher als auf der Mattscheibe herausgearbeitet.

Interessant ist der Roman dennoch für zwei Gruppen von SF-Serien-Junkies: zunächst wären da die Ewiggestrigen, für die Lorne Greene als Adama das Maß aller Dinge darstellt, Dirk “Starbuck” Benedict männlicher ist als Katee “Starbuck” Sackhoff und die die radikalen Änderungen in Story und Besetzung als Blasphemie ansehen. Sie können sich auf die unterhaltsame, allerdings nicht sehr komplexe oder ausgesprochen originelle Story konzentrieren, ohne von fremden Gesichtern, falschen Geschlechtern und/oder unpassenden Körperteilen allzu sehr abgelenkt zu werden.

Die zweite Gruppe besteht aus jenen Konsumenten, die einer Neuinterpretation zwar grundsätzlich offener gegenüberstehen, die aber der Wackel-Dackel-Handkamera, dem tristen Set-Design und den uncharismatischen Schauspielern der TV-Vorlage bisher nichts Erfreuliches abgewinnen konnten; auch sie können ungestört von visueller Tristesse in das moderne BSG-Universum eintauchen.

Zugute halten kann man dem Roman weiters, dass er stilistisch zwar kein Highlight ist, jedoch durchaus -fesselnd und locker geschrieben- den Leser mehr in seinen Bann zieht, als es viele andere TV-Serien-Novelizations vermögen.


Fazit: Nicht mehr und nicht weniger als eine gut geschriebene “1 zu 1”-Adaption der 2003er BSG-Mini-Serie und damit eine erfreuliche Alternative zu dem visuellen TV-Show-GAU.

Parrish, Michael J. - Sacred - Das Elfentor


Titel: Das Elfentor
Serie: Sacred
Autor: Michael J. Parrish
Seiten: 280
ISBN 10: 3-8332-1391-4
ISBN 13: 978-3-8332-1391-5
Verlag: Panini/Dino, 2006
Rezenion: Frank Drehmel


Als ihn eine geheimnisvolle, in schwarzes Leder gekleidete Frau namens Niashra ein Leben in Freiheit in Aussicht stellt, falls er sie auf einer Quest, über deren genaueren Umfang und Ziel sie leider nichts näheres sagen könne, begleitet, zögert der Sklave und Gladiator Thrax nicht lange.

Kurz darauf reiten die Lady und der Krieger Seite an Seite durch ancarianisches Öd- bzw. Orkland in Erwartung eines weiteren Helden, der sich laut Niashra ihnen anschließen will. Doch statt jenes Mitstreiters kreuzt zunächst ein riesiger Lindwurm ihren Weg. Während des unweigerlich folgenden Kampfes auf Leben und Tod legt die düster gekleidete Frau für Thrax’ Gefühl ein geradezu überirdisches Waffengeschick an den Tag, was aber angesichts der Dimension des Monsters dennoch zu wenig scheint. Zufälligerweise erreicht im letzten Moment der angekündigte dritte Gefährte, ein Zwerg mit Namen Ulvur, den Ort des Geschehens und jagt das Ungeheuer mit einer Art tragbarem Raketenwerfer -genannt Fafnirs Kanone- in die Luft.

Nun, da die Gruppe komplett ist, offenbart Niashra die sagenumwobene Nebelinsel als Ziel ihrer Reise. Alles, was sie noch tun müssen, ist ein Ork-Boot zu kapern, um damit auf das Eiland “überzusetzen”. Überraschenderweise scheint der verwegene Plan trotz der unerklärlichen, unterschwelligen Feindschaft und der damit verbundenen ständigen Kappeleien zwischen Thrax und Ulvur zu gelingen.

Allerdings haben sie ihre Rechnung ohne die Piraten und Seeungeheuer gemacht, die das Meer um die Insel als ihr Revier betrachten.

Es kommt, wie es kommen muss: ihr Boot wird von dem berüchtigten Freibeuter Vernon geentert und die drei Helden überwältigt. In Ketten gelegt harren sie in einem Frachtraum einer Zukunft als Sklaven. Doch das Schicksal hat Anderes im Sinn und verschlägt sie in die Fangarme eines riesigen Kraken und von dort in die unterseeische Stadt der Meereselfen, der Marinari, die in den drei Gefährten die vor Äonen prophezeihten Erlöser sehen.

Tatkräftig unterstützen die freundlichen Unterwasserbewohner die Gefährten, da ein Erfolg der Quest auch ihnen Freiheit und die lang ersehnte Rückkehr an die Oberwelt verspricht. Doch dazu muss das legendäre Elfentor, jenes Portal, das ein interdimensionales Reisen ermöglicht, zunächst aus den Klauen des Bösen befreit werden, um es dann zu zerstören. An dieser Aufgabe jedoch sind seit Jahrhunderten die größten Krieger vieler Generationen gescheitert.


Zum dritten Mal beweist die Spiele-Schmiede Ascaron bei der belletristischen Umsetzung ihres PC-Game-Bestsellers “Sacred” ein wenig glückliches Händchen hinsichtlich der Autorenwahl. Zeichnete für die ersten beiden Bände noch ein gewisser Steve Whitton verantwortlich (Nobody, Pseudonym oder Beides?), so durfte diesmal Michael J. Parrish die Feder schwingen. Bei informierten Lesern sollte dieser Name Assoziationen an die -zu recht- kurzlebige Roman-Heft-Serie “Torn - Wanderer der Zeit” wecken, welche nach ihrem Bastei-Aus beim Zaubermond Verlag nunmehr ein verdientes Hardcover-Nischendasein fristet. Darüberhinaus verfasste Parrish einige Maddrax-Romane, die bei der Leserschaft auf ein -wohlwollend ausgedrückt- geteiltes Echo stießen. Dass sich nun ausgerechnet dieser Autor aus der dritten Reihe an der durchaus interessanten Spielewelt Ancaria versuchen darf, verwunde(r)t nicht nur den Fantasy-Fan.

Von der ersten Seite an traktiert Parrish den der Leser mit unerträglich stereotyopen, eindimensionalen Charakteren, mit grunzenden, blutrünstigen Orks, gemeinen Dämonen, edlen Elfen, griesgrämigen, Axt schwingenden, Zopf-bärtigen Zwergen und todesmutigen Kriegern. Fantasy-Klischee reiht sich an Fantasy-Klischee und nichts -rein gar nichts- durchbricht jene Langeweile, die sich zwangsläufig immer dann einstellt, wenn einem etwas zum zweihunderteinunddreißigsten Mal begegnet.

Besonders deutlich spiegelt sich die Primitivität der Protagonisten in ihren uninspirierten und klischeeüberladenen Dialogen wider: nicht tiefsinnig oder wenigsten mit einem Quentchen Esprit und Wortwitz, sondern dröge Wortgefechte zwischen -hauptsächlich- Zwerg und Mensch, deren Bärte so lang sind, dass sich damit eine Heerschar von Weihnachtsmännern ausstaffieren ließe und deren Simplizität ihres Gleichen sucht.

Der Versuch, Niashra eine geheimnisvolle Aura zu verleihen, um so wenigstens ein klein wenig Spannung zu generieren, scheitert schon im Ansatz an der simplen Tatsache, dass der Leser dank eines überflüssigen Prologs jederzeit genau weiß, wer sie ist und was sie will, sodass ihr wiederholtes “Ich sag nicht, wohin wir gehen und was wir suchen!”-Getue einfach nur nervtötend ist.

Zu schlechter Letzt mangelt selbst diesen einfachen Figuren an Kohärenz, verhalten sie sich zum Teil irrational und unerklärlich. Wenn die Orks einerseits schlau genug sind, den Gefährten eine relativ raffinierte Falle zu stellen, andererseits jedoch im nächsten Moment kaum mehr Intelligenz als eine Amöbe auf Drogen an den Tag legen oder Thrax völlig unvermittelt und hirnrissigerweise das Elfentor an den Meistbietenden verscherbeln will, so beschleicht den Leser unweigerlich ein ungutes “Out-of-Character”-Gefühl.

Die Story selbst wäre durchaus geeignet gewesen, den Ancaria-Hintergrund zu bereichern, da insbesondere die Marinari -aber auch die Zwerge- viel exotisches Potenzial bieten. Bedauerlicherweise jedoch gelingt es dem Autor zu keinem Zeitpunkt, die surreale Unterwasserwelt der Meeres-Elfen auch nur im Ansatz phantastisch zu skizzieren. Statt fesselnder Atmosphäre präsentiert er billigste Fischkloppereien, deren Darstellung und Choreografie aufgrund der weitgehenden Missachtung des speziellen Mediums “Wasser” zwischen naiv und vollkommen infantil schwanken. Und wenn unsere Helden über den Meeresgrund spazieren, unterseeische Klippen hoch- und runterklettern, dann erinnert dieses in dem beharrlichen Ignorieren der physikalischen Gegebenheiten eher an den Filmklassiker “Le Voyage Dans La Lune” aus dem Jahree 1902 als an einen zeitgemäßen Roman mit ernst zu nehmendem Anspruch.

Auch die zweite Möglichkeit, Ancaria durch den Ausbau des zwergischen Hintergrundes lebendiger zu gestalten, lässt Parrish ungenutzt verstreichen. Außer der Feststellung, dass die Barträger während ihrer Hochkultur mechanische Dingsbumse gebastelt haben und nun so gut wie ausgestorben sind, bleibt beim Leser nichts hängen.

Unterm Strich sind die herausragendsten Kennzeichnen der simplen Handlung -abgesehen von dem eher skurril erscheinenden Unterwasser-Eskapismus- Linearität und weitgehende Vorhersehbarkeit.


Fazit: In Heft-Romanen mag das stupide Zusammenbasteln von Text-Bausteinen und Fantasy-Versatzstücken Gang und Gäbe sein, in “echten” Büchern jedoch sollte es schon sehr viel origineller zugehen und sich der erkennbar kreative Beitrag des Autors nicht nur auf das Entwerfen der Protagonisten-Namen beschränken.

Empfehlenswert für 10-Jährige, die erst ein oder zwei Fantasy-Romane (ohne Zwerge oder Elfen) gelesen haben.

27.12.2006

Goikeda, Shinya - Der Ursprung

Titel: Der Ursprung
Reihe: Devil May Cry #1
OT: Devil May Cry
Autor: Shinya Goikeda
Ü: Ai Aoki
Seiten: 235
ISBN 10: 3-8332-1409-0
ISBN 13: 978-3-8332-1409-7
Verlag: Panini/Dino, 2006
Rezension: Frank Drehmel

In einer namenlosen Stadt verdient sich Tony Redgrave als sogenannter Allrounder seinen Lebensunterhalt. Im Umgang mit Schwert und Handfeuerwaffen nahezu perfekt geschult und mit übermenschlichen Reflexen ausgerüstet verdingt er sich denen, die seine Fähigkeiten zu schätzen wissen und die genug bezahlen können. Skrupel hat er zwar grundsätzlich keine, jedoch gehen ihm Mord und sinnloses Töten gegen den Strich, sodass er unter seines Gleichen, den anderen Allroundern, als Weichei verschrien ist.

Eines Tages taucht ein mysteriöser Fremder mit einem vollständig bandagierten Gesicht, Gilver, in jener Bar auf, in der Tony rumzuhängen pflegt und fordert ihn zum Zweikampf. Durch ein Trick kann der junge Allrounder zwar den Fight für sich entscheiden, aber ein ungutes Gefühl bleibt. Und tatsächlich häufen sich in der folgenden Zeit seltsame Vorkommnisse: Tony wird mehrmals von dämonischen Wesenheiten angegriffen und sein Status als “Mann für alle Fälle” wird zunehmend durch den vollkommen rücksichts- und skrupellosen Gilver in Frage gestellt.

Als nach und nach Tonys wenige Freunde auf grausame Weise ermordet werden, ist es für ihn Zeit, sich seiner Vergangenheit zu stellen: Tony Redgrave ist tot! Es lebe der Halbdämon Dante!

Weder ringen mir als tendenziell japanophoben Konsumenten Animes und Mangas im allgemeinen spitze Lustschreie oder orgiastisches Stöhnen ab, noch hatte ich mich vor diesem Buch speziell mit den zugrunde liegenden, gleichnamigen PS2-Spielen auch nur ansatzweise auseinandergesetzt, da mich dieses Game-Genre noch weniger interessiert als antikes Reigenschwimmen. Nicht die besten Voraussetzungen, um einen Roman zu rezensieren, bei dem schon Autorenname und Cover kaum einen Zweifel an seiner kulturellen Zuordnung lassen. Und wirklich: das Buch bestätigte meine Vorurteile weitgehend: die Charaktere -insbesondere natürlich Tony/Dante und Gilver- sind holzschnitthafte, platte Poser ohne Ambivalenz, denen das Outfit wichtiger ist als Reflexionen ihres amoralischen Tuns und deren Dialoge über inhaltsloses Aufplustern kaum hinausgehen. Das Ambiente ist so detailliert gezeichnet wie der Heidi-Anime von anno dazumal, Handlungsorte bleiben unbeschrieben, vollkommen beliebig und austauschbar, die Beweggründe der dämonischen Widersacher grenzen, sofern man sie überhaupt zu erkennen vermag, ans Lächerliche, und die Story schließlich ist unplausibel, grob und bietet nichts, was man nicht schon x-mal so oder ähnlich gesehen und gehört hat. Alles in allem lassen diese Schwächen auch für den, der die Spiele nicht kennt, den Schluss zu: hier erfährt man nicht Wichtiges über den Hintergrund.

Das Erschreckendste jedoch: es macht Spaß, diesen Japan-Trash zu lesen. Zum einen mag es an den entzückenden Gore-Szenen und drastischen Bildern liegen, die der Autor hin und wieder überraschend beiläufig einstreut, zum anderen nimmt sich der Roman zu keinem Zeitpunkt ernst, lässt durch seinen oftmals ironischen Unterton keinen Zweifel daran aufkommen, dass er keine tiefergehende Botschaft besitzt als zwei Stunden einfachste Unterhaltung.

Fazit: Ein Roman gewordener Mainstream-Anime: Anspruchslos, nicht besonders gut geschrieben und dennoch unterhaltsam. Pflichtlektüre-Lektüre für jeden Tokyopop-Fan.

Salvatore, R. A - Heimatland

Titel: Heimatland
Reihe: Dungeons & Dragons, Vergessene Reiche
Zyklus:Die Saga vom Dunkelelf Band 2
Originaltitel: Forgotten Realms: The Legend of Drizzt - Exile TPB
Autor: R. A. Salvatore
Skript: Andrew Dabb
Zeichnungen: Tim Seeley
Tusche: Rob Atkins e.a.
Farben: Blond
Übersetzer: Oliver Hoffmann & Astrid Mosler
Seiten: 144
ISBN 10: 3-8332-1438-4
ISBN 13: 978-8332-1438-7
Verlag: Panini, 2006
Rezension: Frank Drehmel

Seit Drizzt vor zehn Jahren seinem Volk, den chaotisch-bösen Drow, den Rücken gekehrt hat (vg. Band 1: Heimatland) durchstreift er ruhelos das Unterreich, begleitet nur von seiner magischen Gefährtin, der Pantherin Guenhwyar. Bevor ihn der ständige Kampf ums Überleben und die Einsamkeit endgültig in den Wahnsinn zu treiben drohen, tritt er vor die Tore Blingdensteins, der Stadt der Tiefengnome, der Svirfnebli, und bitte dort in dem Bewusstsein um Einlass, dass die Todfeindschaft der freundlichen Gnome mit den Dunkelelfen sein Todesurteil bedeuten könnte. Im dem alten Belwar Dissengub, jenem Svirfnebli, dem er vor vielen Jahren auf einer Patrouille das Leben gerettet hat, findet der Drow jedoch einen Fürsprecher und wird -wider Erwarten- zwar zögerlich, aber dennoch freundschaftlich aufgenommen.

Während Drizzt in Blingdenstein Kraft schöpft und seinen Frieden findet, hat seine Erzeugerin, die Muttermatrone Malice, auch nach vielen Jahren und zahlreichen Fehlversuchen nicht den Plan aufgegeben, ihren verräterischen Sohn zur Rechenschaft zu ziehen, damit das Haus Do´Urden so die Gunst der Göttin Lolth für den Krieg gegen das verfeindete Haus Hun´Ett zurückgewönne. Da kein Drow aus ihren Reihen in der Vergangenheit den Kampfkünsten des Verfolgten gewachsen war, erweckt sie in einem magischen Ritual -Zin-Carla genannt- Drizzts ermordeten Vater, den Schwertmeister Zaknafein, zu einem unheiligen „Leben”, um ihn als nahezu unbesiegbaren Geister-Todesalp auf die Spur seines Sohnes zu setzen.

Kurz darauf mehren sich die Anzeichen bzw. weisen sinnlose Massaker darauf hin, dass Dunkelelfen in der Nähe Blingdensteins ihr Unwesen treiben. Um die guten Svirfnebli nicht zu gefährden, beschließt Drizzt, die Stadt zu verlassen, wobei er Belwar nicht davon abhalten kann, ihn zu begleiten.

Gemeinsam durchstreifen die Beiden das Unterreich, finden in dem in eine Hakenschrecke verzauberten Felsenkind Klacker einen weiteren Verbündeten und geraten in die Gefangenschaft von Illithiden, von Gedankenschindern, die ihre Opfer geistig versklaven oder aber verspeisen.

Und sollte es den Gefährten gelingen, zu entkommen, so wartet auf Drizzt immer noch der aussichtslose Kampf mit dem Todesalp.

Mit Exil nimmt die epische Saga um eine der bekanntesten Figuren des D&D-Universums, den Dunkelelfen Drizzt Do´Urden, ihren Fortgang. Wie schon im ersten Comic hält sich auch in diesem zweiten Andrew Dabb mit seinem Skript eng an Salvatores belletristische Vorlage. Die relativ werknahe Abbildung der einzelnen Handlungsbögen und die Tatsache, dass sich die gezeichneten Charaktere hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit insgesamt nicht hinter den Roman-Figuren verstecken müssen, stellt aber in einigen kleineren Details zumindest die Kenner der Romane nicht vollkommen zufrieden. Zum einem entsprechen einige Namen nicht dem D&D-Hintergrund -so werden bspw. aus den Pech, den Felsenkindern, hier die Peck-, zum anderen gelingt es nicht, die prägenden Erfahrungen Drizzts im Unterreich, die Einsamkeit und den ständigen Kampf, der aus ihm zunehmend ein Raubtier macht und die ihn Zeit seines Roman-Lebens begleiten werden, mit der Intensität wiederzugeben, die sie in Salvatores Buch auszeichnen. Abgesehen davon wird aber die fantastische, düstere Atmosphäre der Geschichte treffend eingefangen.

Da für die Zeichnungen immer noch Tim Seeley zuständig ist und lediglich in den Reihen der Tuscher einige neue Namen auftauchen, entspricht das Artwork von Exil im Wesentlichen dem des Vorgängerbandes: „klassische” Panelaufteilung, relativ flächige, eher detailarme, klar konturierte Bilder und dem unterirdischen Setting angemessene blaue und ins Blaue spielende, gedeckte Farben, wobei die magischen Effekte wiederum sehr schön durch kräftige, leuchtende Töne hervorgehoben sind. Im Vergleich zu „Heimatland” wirken die mainstreamhaften Zeichnungen allerdings etwas inspirierter, origineller da neben den Drow auch zahlreiche andere Bewohner und Schrecken des Unterreichs ihren Auftritt haben:und diese Figuren -Svirfnebli, Gedankenschinder, Hakenschrecken, Mykoniden u.a.- durchaus lebendig und „authentisch” wirkend dargestellt sind.

Über die Aufmachung lässt sich einmal mehr nichts Negatives vermerken: ein stabiles, beschichtetes Faltcover, dessen Innenseite eine Karte Menzoberranzans ziert, ein guter Druck, schweres Papier und einige Hintergrundinformationen hinterlassen ein rundum positiven Eindruck.

Fazit: Ein großartiges „Sword & Sorcery”-Abenteuer, das seiner Roman-Vorlage durchaus gerecht wird und dessen dichte Handlung auch denjenigen Fantasy-Fans etwas zu bieten hat, die dem Comic-Genre eher ablehnend gegenüberstehen.

Kindermann, E. C. - Die geschwinde Reise

Titel: Die geschwinde Reise
Autor: E. C. Kindermann
Autor der Neufassungen: H.J.J. De Jong
Vorwort: H.J.J. De Jong
Seiten: 180
ISBN-10: 3-033-00703-1
ISBN-13: 978-3-003-00703-1
Verlag: de jong publications zurich. 2006
Rezension von Frank Drehmel

“Die geschwinde Reise” -um der zeitgemäßen, marketing-technisch notwendigen Titel-Verkürzung zu folgen- erschien erstmals im Jahre 1744 und stellt damit nach der im ausführlichen, essayistischen Vorwort begründeten Auffassung des Herausgebers den ersten deutschen “Science Fiction”-Roman dar, also einen, der -im Gegensatz zu Keplers “Somnium Seu Opus Posthumum”- in deutscher Sprache geschrieben und herausgegeben wurde und der die wissenschaftlichen Erkenntnisse der damaligen Zeit fiktional fortschreibt. Nach heutigem Maßstab allerdings ist “ Die Geschwinde Reise auf dem Lufft-Schiff nach der obern Welt, welche jüngsthin fünff Personen angestellet um zu erfahren, ob es eine Wahrheit sey, dass der Planet Mars den 10. Jul. dieses Jahres das erste Mahl, so lange die Welt stehet, mit einem Trabanten oder Mond erschienen? Der untern Welt zu curieuser Gemüths-Ergötzung und Versicherung dieser Begebenheit mitgetheilet durch die allgemeine Fama” mit ihrem Umfang von rund 50 Seiten sicher weniger ein Roman als vielmehr eine SF-Kurzgeschichte, was jedoch dem Unterhaltungswert keinen Abbruch tut.

Der weibliche Engel Fama fordert, indem er an ihr männliches Ego appelliert, fünf Männer -Auditus, Visus, Odor, Gustus und Tactus- auf, ein Luftschiff zu bauen, um damit den von dem Astronomen Kindermann neu entdeckten Marsmond zu bereisen. Da sich die Fünf nicht nachsagen lassen wollen, Feiglinge zu sein, zimmern sie flugs ein geeignetes, von mehreren Ballons getragenes Konstrukt zusammen und machen sich auf die Erkundungstour.

Während die Männer noch um Ruhm und Erkenntnis ringen und den seltsamen Wesen des Himmels begegnen, kehrt zwischenzeitlich der sie begleitende Engel Fama zurück zur Erde, um dem gemeinen Volk von ihren außergewöhnlichen Abenteuern zu berichten.

Dem belesenen, technisch versierten SF-Freund des 21. Jahrhunderts werden aus heutiger Sicht viele der Gedanken und Ausführungen des Autors in weiten Teilen harmlos, naiv -um nicht den Terminus “wissenschaftlich unsinnig” gebrauchen zu müssen- im wahrsten Sinne des Wortes anachronistisch oder bekannt vorkommen, in ihrem historischen Kontext mögen sie relativ kühne Visionen gewesen sein. Da die Mehrzahl der Leser jedoch kein akademisch-historisches Interesse an der Lektüre haben dürfte, stellt sich zwangsläufig die Frage: Was kann uns dieser Kurzroman, dessen Autor rückblickend weder in die literarischen, noch wissenschaftlichen Annalen eingegangen ist, heute noch bieten?

Sprachlich und stilistisch ist der Roman in seiner ursprünglichen Fassung sicherlich kein Juwel der Literatur des 18. Jahrhunderts, auch wenn der Naturwissenschaftler Kindermann in einigen Passagen Bilder von “poetischer” Kraft entwirft. Alles in allem dominieren jedoch relativ kurze Sätze und ein an der Darstellung von Fakten und Handlungsabläufen orientierter, nüchterner Stil, der die Geschichte eher steif und hölzern denn lebendig wirken lässt. Die illustrierte Bauanleitung, aber auch das unverhohlene Werben für die eigene wissenschaftliche Reputation -“Wer seine Vernunft weiter belustigen will, der lese die vor kurtzem herausgekommene, mit allerhand Muthmassungen angefüllete, vollständige Astronomie des Hernn Kindermann: in selbiger liegen alle Welt-Cörper beschrieben und in Kupffern entdecket” [S. 38]- weisen deutlich in diese Richtung.

Auch der Wechsel der Erzählperspektive hin zum Engel Fama ergibt sich nicht notwendigerweise aus der Handlung, sondern hinterlässt ein bemühten, unbefriedigenden Eindruck.


Dass es dennoch Spaß macht, dieses Buch zu lesen liegt zum einen an De Jongs beiden Neuversionen -in der ersten übernimmt er Kindermanns Erzählstruktur und Handlung, bedient sich allerdings einer leicht modernisierten Satzstruktur sowie heutiger Grammatik und Rechtschreibung, während er in der zweiten lediglich die Handlung beibehält, sich ansonsten jedoch im Stil einer Nacherzählung einer freieren Sprache bedient-, die a) die Geschichte für eine breite Leserschaft überhaupt konsumierbar machen und b) zum unterhaltsamen Versionen-Vergleich einladen.

Zum anderen überrascht Kindermanns Ideenreichtum, der sich hinter modernen TV-Show-Scripts à la StarTrek oder Babylon5 kaum verstecken muss und der belegt, dass nicht alles, was uns heute als neu verkauft wird, auch tatsächlich neu ist. Wenn der Autor z.B. darüber fabuliert, dass ein durch “Putrefaktion elastisch gewordener Mensch” durch alle Sphären -also auch den Himmel, das All- zu gehen vermag, so ist dieser evolutionäre Aufstieg des “Menschen”/der Menschheit auch ein zentrales Motiv zahlreicher neuerer SF-Konzepte.

Schlussendlich -und das soll nicht verschwiegen werden- hinterlässt “Die geschwinde Reise” angesichts der fundamentalen physikalischen Irrtümer in dafür prädisponierten Lesern ein unbestimmtes, wohliges und genussförderndes Gefühl “intellektueller” Überlegenheit.


Fazit: Sprachlich und stilistisch nicht auf höchstem Niveau weiß die Geschichte dennoch -nicht zuletzt dank De Jongs Neufassungen und seinen informativen Vorwort- mit ihren erstaunlichen Ideen-Reichtum zu überzeugen.


21.12.2006

Ciencin, Scott - Silent Hill - Innerlich sterben




Titel: Innerlich sterben
Serie: Silent Hill
OT: Silent Hill - Dying inside
Autor: Scott Ciencin
Zeichnungen: Ben Templesmith (Kapitel 1, 2)
& Aadi Salman (Kapitel 3,4,5)
Cover: Ashley Wood
Ü: Anja Heppelmann
Seiten: 140
ISBN-10: 3-8332-1393-0
ISBN-13: 978-3-8332-1393-9
Verlag: Panini/Dino, 2006


Rezension von Frank Drehmel

Dr. Troy Abernathy ist ein erfolgreicher Psychiater und Buchautor, dem zwar das Publikum zu Füßen liegt -einschließlich seiner Kollegen-, der aber im Grunde nur wenig Befriedigung daraus und aus seinem hedonistischen Lebensstil ziehen kann. Und so sucht er die Herausforderung in Person der jungen Patientin Lynn DeAngelis, welche in der Stadt Silent Hill ein tief traumatisierendes Erlebnis gehabt haben muss.
Weil der Arzt keinen Zugang zu dem gestörten, verstörten und zerstörten Mädchen findet, beschließt er, mit ihr in diese Stadt zu fahren, um sie dort mit der Ursache ihres Traumas zu konfrontieren. Doch Silent Hill ist kein gesunder Ort für Menschen, die -wie Dr. Abernathy- eine schwere Schuld mit sich tragen; und schon bald müssen Lynn und er gegen die körperlich gewordenen Geister ihrer Vergangenheit kämpfen.
Als Lynn schließlich ihre wahre Bestimmung -das Drehen eines Videos über Silent Hill während ihres ersten Besuchs und dessen Verbreitung- durch den Geist eines kleinen Mädchens, Christabella, erfährt, ist es zumindest für Troy Abernathy längst zu spät.

Eben jenes Video gelangt zufällig in die Hände der toughen Lauryn, die selbst in Silent Hill geboren wurde, jenem Ort, an dem ihre kleine Schwester Christabella auf bestialische Weise ermordet worden ist. Das Filmmaterial weckt verdrängte Erinnerungen in ihr, sodass sie sich, ausgerüstet mit einem Kodex der Dämonenbeschwörung und in Begleitung ihrer Freunde, auf nach Silent Hill macht, um dem Geheimnis ihrer Schwester auf die Spur zu kommen. Schon bald finden sich die Neuankömmlinge in einem Strudel von Gewalt und Tod wieder, in einem Kampf unterschiedlicher dämonischer Fraktionen um die Macht in der unheimlichen Stadt, in dessen Mittelpunkt Lauryn und Christabella stehen


Wie schon im ersten Band zeichnet auch diesmal Scott Ciencin als Autor verantwortlich. Allerdings stehen ihm mit Ben Templesmith und Aadi Salman zwei neue Künstler zur Seite, denen es -wie ihren beiden Vorgängern- grandios gelingt, eine düstere Geschichte in entsprechend düstere Bilder umzusetzen. Obgleich stilistisch unterschiedlich, ergänzen sich die Kapitel der Beiden so, dass der gewollte erzählerische Bruch in der Story nach Kapitel 2 -auch dieses ist ein Novum gegenüber Band 1: “Innerlich Sterben” ist keine Anthologie, sondern erzählt nur eine einzige Geschichte- zwar auch in der Grafik gespiegelt wird, aber das Comic dennoch ein einheitliches Erscheinungsbild bietet.
Templesmith Bilder sind monochrom angelegt, durchbrochen nur von zurückhaltend gesetzten Farbakzenten. Seine Figuren erscheinen sehr grafisch, ohne Volumen, skizziert mit wenigen Strichen, wobei sie trotz dieser ins kindlich Naive spielenden Reduktion einen hohen Wiedererkennungswert besitzen und äußerst ausdrucksstark daher kommen. Salmans Stil ist komplexer, insgesamt aber etwas orthodoxer. Die Farbgebung, insbesondere die der verwaschenen Hintergründe, ist expressiv und schmutzig-bunt. Bei der Darstellung der Charaktere bedient er sich sowohl zeichnerischer Elemente -allerdings nicht so reduziert wie Templesmith-, als auch malerischer.

Ciencins -mit Rückblenden und Traumsequenzen- nicht-linear konstruierte Story erfordert etwas mehr Konzentration, als ein Durchschnitts-Comic, überzeugt aber vollends in der Darstellung der psychischen Deformation der Protagonisten. Ohne ausschweifende explizite Splatter-Orgien spiegelt sich gerade in den harten, direkten Dialogen der dreckige, obszöne und gewalttätige Hintergrund des Silent-Hill-Settings stärker wider, als in jedem abgeschlagen Körperteil. Dennoch kommen auch die Anhänger fröhlichen Ausbluten-Lassens auf ihre Kosten.


Fazit: Eine interessant konstruierte Story mit starken Charakteren und ein exzellentes Artwork machen “Silent Hill - Innerlich sterben” zu einem Muss für jeden Fan düsterer Comics.

Balent, Jim - Tarot - Witch of the Black Rose 2 - Rückkehr der dunklen Hexe


Titel: Rückkehr der dunklen Hexe
Reihe: Tarot - Witch of the Black Rose 2
Originaltitel: TAROT: Vol. 2
Autor: Jim Balent
Zeichnungen: Jim Balent
Farben: Holly Golightly
Übersetzer: Christian Heiss
Seiten: 128
ISBN 10: 3-8332-1400-7
ISBN 13: 978-8332-1400-4
Verlag: Panini, 2006

Rezension von Frank Drehmel

In der kleinen Stadt Salem geht das Leben nach der Konfrontation der beiden Hexenschwestern (vgl. Tarot Band1) seinen alltäglichen Gang: während Tarot und Jon einige Augenblicke unbeschwerten Glücks genießen, ärgert sich Raven Hex mit einem neuen Hexen-Lehrling, der wissbegierigen Willowry, rum. Doch am Horizont ziehen düstere Wolken auf. Ein kopfloser Dämon auf einem skelettierten Pferd verlangt von der Mutter der beiden Hexen, dass sie ihm ihre Töchter ausliefert, da er andernfalls die Kinder der Normalsterblichen umbringen werde.
Wie es einer guten Hexe ziemt, nimmt Tarot den Kampf gegen das Ungeheuer auf. Und tatsächlich gelingt es ihr, den Dämon zu vernichten, allerdings um den Preis ihres eigenen Lebens. Doch auch wenn Tarot tödlich verwundet wurde, so besteht dennoch ein Funke Hoffnung, solange ihr Geist den Körper noch nicht verlassen hat. Und so schaffen Jon und die Mutter die Tote nach Neu Avalon, die Insel ihrer Schwester Raven; dort wird es sich entscheiden, ob die Hexe in das Sommerland eintreten wird oder in das Reich der Sterblichen zurückkehren kann. In einem Zwischenreich muss ihr Geist eine Reihe von Prüfungen bestehen, durch welche sie Avatare ihrer Tarotkarten -der Hohepriester, die Gehängte, die Gerechtigkeit u.a.- geleiten. Derweil kämpft Jon auf der Insel um sein Leben, da ihn die anderen Hexen unter Führung Ravens nicht in ihrem Refugium dulden wollen.


Wem die hübschen großen fleischfarbenen Luftballons des ersten Teils nicht genug waren, der kann sich in diesem Band, der die US-Ausgaben #7 bis #11 in deutscher Erstveröffentlichung enthält, an Ballons aller möglicher Couleur übersattsehen. Titten ad nauseam! ... und alle haben dieselbe große, runde, glatte Form, die das Herz eines Silikon-Feteschisten vor Freude zerspringen lässt und die von einem frühkindlichen, prägenden Luftballon-Trauma des Zeichners zeugen. Dass diese Riesen-Dinger an Frauenfiguren dranhängen, die sich permanent und vollkommen ungeachtet der Gelegenheit lasziv räkeln bzw. devote Posen einnehmen, welche ihre körperlichen Attribute betonen, macht das Ganze bedauerlicherweise nicht weniger langweilig.
Doch nicht nur Balents Charaktere wirken -rein äußerlich- überladen, auch die Seitengestaltung folgt an vielen Stellen dem Prinzip: bunt, bunter, am buntesten, voller kleiner verspielter, überflüssiger Details, ohne klare Struktur. In seinem Bemühen, den narrativen Aspekt seiner Pin-Ups zu betonen und ihnen eine schon fast allegorische Tiefe zu verleihen schießt der Zeichner viele Brüste weit über das Ziel hinaus, präsentiert überladene oberflächlichste (Pseudo)Symbolik, die eher migräneartige Kopfschmerzen verursacht, als dass sie zum Nachdenken anregt.

Dieses ist um so bedauerlicher, als die Story wider Erwarten eine gewisse Magie ausstrahlt. Damit ist allerdings nicht die peinlich pathetische Tarot-Esotherik gemeint oder die simplifizierende Pro-Wikka-Propaganda, die uns Balent auf jeder Seite um die Ohren haut, sondern der größere Zusammenhang, die Reise nach Neu Avalon, die Selbstfindung der großtittigen Hexe. Aus dieser -zugegebenermaßen nicht sonderlich originellen- Grundstory hätten andere Zeichner und Autoren mit mehr Fingerspitzengefühl und Ambitionen, die über das Zeichnen von halbnackten Frauen hinausgehen, durchaus ein unterhaltsames Comic zaubern können, wie es bspw. Neil Gaiman, Charles Vess, John Bolton, Paul Johnson und Scott Hampton in ihrer vierteiligen „The Books of Magic”-Mini-Serie 1991 unter Beweis gestellt haben.
Zugute halten kann man Balent immerhin, dass er seine Geschichte nicht ganz ohne (selbst)ironische Untertöne erzählt. Wenn er z.B. seinen Helden Jon, der sich nach einem freien Fall im letzten Moment an der erigierten Brustwarze einer haushohen Statue festklammern kann, ausrufen lässt, „JAU - DESWEGEN STEH´ ICH SO AUF BRÜSTE!”, dann spielt hier tatsächlich ein humoristischer Unterton mit, der aber ansonsten zwischen dem esotherischen und pseudophilosophische Gebrabbel eher Mangelware ist.

Bei der „äußeren” Gestaltung des Comics folgt der Panini-Verlag seiner hinlänglich bekannten Qualitäts-Maxime: ein durch Drucklack veredeltes Cover, seidenmatt gestrichenes Papier, brillianter Druck, exzellente Leimung und einige Extras (Vorwort von Balent, umfangreiche Covergalerie).

Fazit: Während das Artwork wohl nur für vorpubertäre Fanboys von Interesse ist, richten sich Text und Story eher an kleine Möchtegern-Hexen und esotherische Querdenker. Damit sind das einzig Runde an diesem Machwerk die Brüste der Protagonistinnen.

DeCandido, Keith A. - World of Warcraft - "Teufelskreis"


Titel: Teufelskreis
Reihe: World of Warcraft
OT: World of Warcraft: Circle of Hatred
Autor: Keith A. DeCandido
Ü: Mick Schnelle
Seiten: 281
ISBN 10: 3-8332-1465-1
ISBN 13: 978-3-8332-1465-3
Verlag: Panini/Dino, 2006

Rezension von Frank Drehmel

Es war nur eine Frage der Zeit, bis neben zahlreichen “Sach”- und “Fakten”büchern auch ein erster Roman zu Blizzard Entertainments und Vivendi Universals Cash-Cow, “World of Warcraft”, die Palette des Merchandise bereichet. Natürlich gab es schon vorher Warcraft-Romane, aber seien wir ehrlich: Hört sich das Label “World of Warcraft” nicht unendlich bedeutsamer an als ein schnödes “Warcraft”? (Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass im Internet auch ein alternatives Cover zum aktuellen Roman kursiert, welches der Umetikettierung nicht folgt, das dafür aber fälschlicherweise den Roman zum vierten Buch der War of Ancients-Trilogie erklärt).
In der Chronologie der PC-Games spielt Teufelskreis zwischen “Warcraft III - The Frozen Throne” und “World of Warcraft”: Nachdem sie vor drei Jahren gemeinsam die Brennende Legion aus Kalimdor zurückschlagen konnten, herrscht zwischen den Orks von Durotar und den Menschen von Theramore ein brüchiger Friede: die beiden Führer -auf Seiten der Grünhäute der Kriegshäuptling Thrall und auf Seiten der Mensch Lady Jaina Proudmoore- verbindet zwar eine ehrliche Freundschaft, aber im einfachen Volk bestimmen Ressentiments, Vorurteile und unterschwelliger Hasse den Umgang miteinander. In dieser explosiven Lage versucht der Geheimbund des Flammenden Schwertes, der unter Führung eines alten Dämons Mitglieder beider Rassen gleichermaßen rekrutiert, durch gezielte Provokationen und Täuschungen einen neuen Krieg zwischen Orks und Menschen zu entfachen.
Auf der Suche nach Erklärungen für die gefährlichen Geschehnisse trifft Lady Proudmoore auf die mehr als 1000 Jahre alte letzte Wächterin von Tirisfal, Aegwynn. Mit einiger Beharrlichkeit gelingt es ihr, die zwar mittlerweile machtlose nichtsdestotrotz aber bedeutsame Magierin auf ihre Seite zu ziehen, um mit ihrer Hilfe den bevorstehenden Krieg zu verhindern. Doch die beiden Frauen kommen zu spät, denn die erste Schlacht um eine menschliche Enklave, die Feste Nothwatch, hat bereits begonnen.


Seit “Game Novelisations” -Romane zu Spielen- in den letzten Jahren immer mehr Anhänger gefunden haben sind auch mir viele, viele dieser Bücher unter die Augen gekommen -einige hervorragend, die Mehrzahl mittelmäßig und eine nicht unbedeutende Anzahl wirklich schlecht. Selten jedoch habe ich unter all diesen Romanen einen gelesen, der sich stärker ausschließlich an Fans und Kenner des zugrunde liegenden Spiels richtet als “Teufelskreis”. Üblicherweise versuchen die Autoren -im Auftrag der hinter ihnen stehenden Spiele-Vertreiber/-Produzenten- eine auch für Nicht-Spieler verständliche und zumindest im Grundsatz genießbare Geschichte zu erzählen: Nicht so hier in diesem mageren Romänchen! Ein brutal direkter Einstieg in die Warcraft-Materie, mangelhafte, oberflächliche Erläuterungen von Begriffen und historischen Zusammenhängen sowie eine völlig in der Luft hängende Geografie -für eine simple kleine Karte Kalimdors hat es leider nicht gereicht- lassen einen uneingeweihten Leser gnadenlos im Regen stehen. Der Warcraft-unerfahrene Fantasy-Fan wird die unzähligen Bezugnahmen auf die fiktive Warcraft-Geschichte allenfalls mit einem gelangweilten Schulterzucken quittieren, während die Hardcore-Gamer vor Wiedersehensfreude haltlos schluchzen, sodass ihnen die Tränen den Blick auf die Story hinter den fiktiven Fakten verschleiern.
Mit klaren Augen und wachen Verstand kann man diese Geschichte nur als äußerst dünn bezeichnen: in weiten Teilen vorhersehbar, konventionell und belanglos, einer Dramaturgie folgend, die ausschließlich nur auf Wiedererkennungswerte setzt, ohne irgendeinen “Sense of Wonder” zu transportieren. Nur dadurch ist es überhaupt erklärbar, dass einem durch und durch überflüssigen, uninteressanten Charakter wie Aegwynn unverhältnismäßig viel Text gewidmet wird, oder dass der Autor hektisch zwischen Protagonisten, Handlungsorten und -zeiten hin- und herspringt als müsse er möglichst viel Warcraft in viel zu wenig Seiten pressen.
Die Figuren -angefangen bei Aegwynn über Jaina und Thrall bis hin zum Heer der zahllosen Nebencharaktere- sind eindimensional, stereotyp, substanzlos, von Beginn durchschaubar, ohne Ecken und Kanten, -kurz und gut: eine Anhäufung personifizierter Langeweile.

Allein die Tatsache, dass sich Decandido sich in seinem unkreativen Werk einer akzeptablen Mainstream-“Schreibe” befleißigt, wertet das Urteil von einem satten “Mangelhaft” zu einem sehr knappen “Ausreichend” auf


Fazit: Nicht nur vom Umfang her ein dürftiger Roman: für WoW-Spieler -sofern sie denn im “real Life” Zeit zum Lesen finden- gerade noch akzeptabel, eine große Enttäuschung für den Rest der Leserschaft.

20.12.2006

Collins, Max Allan - Dark Angel - Tödliches Geheimnis

Titel: Tödliches Geheimnis
Serie: Dark Angel
OT: Dark Angel - After the Dark
Autor: Max Allan Collins
Ü: Rita Koppers
Seiten: 313
ISBN-10: 3-89748-764-0
Verlag: Panini/Dino, 2003, HC
Rezension von Frank Drehmel


Dezember 2021 A.D.: Max und die Transgenos haben in Terminal City Zuflucht und eine neue Heimat gefunden. Zwar stehen ihnen die Normalos nach wie vor skeptisch und reserviert gegenüber, doch die allgemeine Stimmungslage beginnt sich allmählich zu entspannen.

Auch für Max und Logan scheint eine neue Zeit anzubrechen, da das Retro-Virus, mit dem Max in Manticore verseucht wurde, dank des Gestaltwandlers Kelby seine Wirksamkeit einbüßte (vgl. Bd. 2: Skin Game). Doch ihr gemeinsames Glück ist nur von kurzer Dauer: als Logan der jungen Mutantin beichtet, für den Tod ihres Bruders Seth verantwortlich zu sein, verlässt ihn Max wutentbrannt. Bevor sie sich versöhnen können wird Logan -aka Eyes Only- von Ames White und seinen Schlangenkult-Schergen entführt.

Der Ex-NSA-Agent bietet Max Logans Leben im Austausch gegen das seines eigenen Sohnes, Ray, der mit einer neuen Identität irgendwo in Amerika untergetaucht ist. Für ihre Suche haben die Transgenos nur drei Tage Zeit und als sie den Jungen endlich finden, kommen sie zu spät: der Kleine wird quasi vor ihren Augen erschossen. Um Logan dennoch zu retten, fassen Max und ihre transgenetischen Freunde einen wagemutigen Plan, der sie mitten in das Herz des Schlangenkultes führt. Dort erfahren sie, dass nicht nur Logans Leben auf dem Spiel steht, sondern das aller normalen Menschen.


Qualitativ unterscheidet sich dieser dritte Band kaum von “Aufbruch in die Vergangenheit” und “Skin Game”: dieselbe uninspirierte 0815-Schreibe, die gleichen klischeehaften Charaktere und platten Dialoge, ein wenig Herz-Schmerz und wohldosierte, den TV-Seh-Gewohnheiten geschuldete Action. Abgerundet wird dieser lauwarme Brei durch zu viele gutgemeinte, jedoch vollkommen überflüssige, kurze Erläuterungen von Zusammenhängen, die für den Serien-Junkie olle Kamellen sind und Einsteigern dennoch nichts sagen.

Dass dieses Durchschnittsbuch trotzdem als lesenswert eingestuft werden kann -wohlgemerkt nur für Fans-, liegt an der simplen Tatsache, dass zwei zentrale Handlungsstränge der TV-Show von Collins endlich zu einem Abschluss gebracht werden. Erstens wird Logan seinen Max-letalen Virus los, zweitens kriegen White, welcher am Ende im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf verliert, und sein kleinkarierter Schlangenkult sowas von auf die Glocke, dass es eine Wonne ist. Einziger Makel hierbei: die Virus-Auflösung ist Max-imal dämlich und unplausibel, ... aber vielleicht sollte man auch nicht zuviel erwarten.


Fazit: Trotz unübersehbarer Längen und redundanter Passagen ein Muss für jeden “Dark Angel”-Fan, da zentrale Handlungsstränge der Serie zu einem Ende geführt werden.

DeCandido, Keith A. - Triple X - Verkommene Straßen


Titel: Triple X - Verkommene Straßen
Reihe: Spider-Man
OT: Spider-Man - Down These Mean Streets
Autor: Keith A. DeCandido
Ü: Jan Dinter
Seiten: 281
ISBN 10: 3-8332-1435-X
ISBN 13: 978-3-8332-1435-6
Verlag: Panini/Dino, 2006


Rezension von Frank Drehmel


Eine neue synthetische Droge ist der Renner unter New Yorks Junkies, Ghetto-Kids und Szene-Gängern: Tripple X! Diese Droge macht nicht nur high und grün, sondern verleiht auch zeitweise -dank intensiver Gammabestrahlung- unvorhersehbare, übermenschliche Fähigkeiten. Unschöne Nebenwirkung: nach relativ kurzer Zeit sterben die Konsumenten an einer Strahlenvergiftung.

Peter Parker -alias Spider-Man-, der mittlerweile an der Midtown High School “Allgemeine Naturwissenschaften” lehrt, wird zum ersten Mal mit der Droge konfrontiert, als sich einer seiner Problemschüler während des Unterrichts in einen grünen, wütenden Berserker verwandelt. Dank seiner speziellen Fähigkeiten (Stärke, Spinnensinn, Hi-Tech-Netz) kann Peter jedoch das Schlimmste verhindern und beschließt als wahrer Superheld und Menschenfreund, der Angelegenheit nachzugehen.

Da ein Alleingang wenig Erfolg verspricht, sieht er sich wohl oder übel genötigt, mit einer Sonderermittlungsgruppe des NYPD zusammenzuarbeiten, was bei den Gesetzeshütern allerdings auf ein geteiltes Echo stößt. Während die Einen durchaus wohlwollenden Respekt vor Spider-Mans Beweggründen und Kräften zeigen, lassen Andere ihn deutlich ihre Verachtung spüren.

Kurz bevor das Drogen-Problem aus dem Ruder zu laufen droht und immer mehr Opfer in die Krankenhäuser eingeliefert werden -darunter auch eine Schauspieler-Kollegin von Peters Ehefrau, Mary Jane- gelingt es den Ermittlern, den Weg der Droge bis zu einem der größten Verbrechergenies und altem Erzfeind Spideys, Dr. Octavius, zurückzuverfolgen.


DeCandido erweist sich mit dem vorliegenden Roman einmal mehr als Autor für seichte, anspruchslose und oberflächliche Unterhaltung. Die Story dümpelt spannungsarm vor sich hin -insbesondere der Nebenhandlungsbogen um Mary Janes Theater-Ambitionen weist in seiner Überflüssigkeit deutliche Längen auf-, die Charaktere -angefangen bei den Unterschicht-Kindern und ihrem Strassen-Slang, über die extrovertierten Theater-Leute bis hin zu den bornierten Polizisten- tragen in ihrer Klischeehaftigkeit vor allem des Lesers Vorurteilen Rechnung und die Superhelden-Action hält sich -freundlich ausgedrückt- in überschaubarem Rahmen. Dialoge voller Plattitüden und öde Ermittlungsarbeiten dominieren eine Handlung, der es zu keinem Zeitpunkt gelingt, den Leser für sich einzunehmen. Der Phantasielosigkeit zum Opfer fielen konsequenterweise auch Spideys lockere und coole Sprüche, welche sich im Laufe der Jahrzehnte in den Comics als ein -wenn nicht das- Markenzeichen dieser Figur etabliert haben.


Originell ist der Roman nur an der Stelle, wenn es darum geht, das Verhältnis von Normalsterblichen zu den “Capes” -den Superhelden- zu beleuchten. Kommt der kleine Mann von der Straße in den Comics nur selten zu Wort, so artikulieren hier gleich mehrere Protagonisten ihre Ressentiments gegenüber, aber auch ihre Bewunderung für die unnahbaren Helden -die X-Men, die Fantastic Four oder eben Spider-Man- in einer Art und Weise, die auf eine große emotionale Distanz schließen lässt und die deutlich macht, dass die Helden kaum in das normale -fiktive- gesellschaftliche und kulturelle Miteinander integriert sind.


Fazit: Trotz einiger -weniger- ungewöhnlicher Einblicke in das Super-Helden Dasein ein belangloser Roman mit deutlichen Längen. Mit Abstand der schwächste von Paninis bisher veröffentlichten Marvel-Romanen.

Böhme, Markus - Das Wakan-Tanka


Titel: Das Wakan-Tanka
Autor: Markus Böhme
Seiten: 250
ISBN 10: 3-938882-16-6
Verlag: Lerato Verlag, 2006

Rezension von Frank Drehmel

Douglas Havenguard ist ein junger Mann ohne viele Freunde und Freude am Leben. Nach dem Tod der Mutter und des Bruders und den frühen Fortgang des Vaters fristet er sein eher dröges Dasein als Sachbearbeiter bei General Logistics und verbringt seine Freizeit am liebsten mit seinem Hund Buster. Auf einem der täglichen Spaziergänge kommt er an einem kleinen Laden vorbei, der ihm bisher noch nie aufgefallen ist: “Indian Tattoo” prangt auf dem Schild über dem Eingang.
In einem Akt der Auflehnung gegen die lebensbestimmenden Konventionen fasst er nach reiflichem, Tage dauerndem Überlegen den Entschluss, sich ein Tattoo stechen zu lassen. Unter merkwürdigen Umständen tätowiert ihm ein zwielichtiger Indianer ein altes indianisches Symbol, das Wakan-Tanka auf das rechte Schulterblatt.
Der Stolz, etwas Außergewöhnliches getan zu haben, verschwindet jedoch bald, als das Tattoo über Douglas Körper zu wandern beginnt, dabei eine Spur der Verwüstung auf seinem Leib hinterlässt und erst unter seinem Bauchnabel zum Stillstand kommt. Als die Wunde in einem Schwall von Eiter und Blut aufbricht wird der Junge vor Schmerzen ohnmächtig und wacht in einer fremden Welt wieder auf.

In einer menschenleeren, hölzernen Stadt trifft auf einen unheimlichen Mann, der sich der Abwäscher nennt, der ihn zu kennen scheint und der ihm den Ratschlag gibt, den Schamanen zu suchen; gleichzeitig warnt er Douglas vor einem Wesen namens Iktome. Schon bald mehren sich die Anzeichen, dass Iktome, der Herr der Spinnen, das personifizierte Böse ist und diese Welt mit seinem faulen Atem zu verheeren droht.
Douglas Auftrag und Anliegen ist es, diese -seine- Welt zu retten, wobei er sich auf die Hilfe der Welt selbst und einiger merkwürdiger Bewohner verlassen kann.


“Das Wakan-Tanka” ist der Debut-Roman des jungen, deutschen Nachwuchsautors Markus Böhme, der nach einigen Kurzgeschichtenveröffentlichungen in verschiedensten Anthologien und Magazinen im kleinen Lerato-Verlag einen ambitionierten Herausgeber für sein mutiges 250-Seiten-Projekt gefunden hat.

Böhme gelingt es in seinem Buch, eine skurile Anderswelt zu entwerfen, die sich zwar insgesamt merkwürdig leer und unbestimmt präsentiert, die aber dem Leser dennoch bekannt und vertraut vorkommt, da er viele der dargestellten Motive aus Film und Literatur zu kennen glaubt -der Eigenständigkeit dieser Welt und seiner Bewohner tut das jedoch keinen Abbruch- und so durch seine Imaginationskraft diesem Traumland problemlos Substanz verleihen kann. Dabei ist es nicht ganz einfach, den Roman einem bestimmten Genre zuzuordnen, denn Horror wird in homöopathischen Dosen eingesetzt und auch viele “typische” Fantasy-Elemente sind eher Mangelware; dennoch durchdringt das scheinbar Metaphysische Havenguards Realität, verschmelzen Wirklichkeit und Traum zu einem magisch-realistischen Bild.
Das bezeichnendste Merkmal der Handlung ist eine unterschwellige Spannung durch die Existenz einer mehr oder weniger latenten Bedrohung, die sich mit Fortschreiten der Geschichte zunehmend manifestiert, und die den Leser einer Lösung entgegenfiebern lässt, die sich schlussendlich als unerwartet und äußerst originell erweist.


Von den auftretenden Charakteren legt nur Douglas Havenguard, der Ich-Erzähler, eine nennenswerte Tiefe an den Tag, während alle anderen auf wenige markante Eigenschaften reduziert sind. Da sich dieses zum einen quasi gezwungenermaßen aus der Auflösung der Geschichte ergibt und sich zum anderen Douglas dafür umso authentischer erweist, stellt dieses keinen bedauernswerten Mangel dar.
Negativ ins Gewicht fällt hingegen, dass der Autor seinen Helden, der sein Abenteuer rückblickend schildert, gerade zu Beginn der Geschichte als allwissenden Erzähler immer wieder der Handlung vorgreifen lässt. Das ist weder nötig, noch spannungsfördernd, sondern hemmt mehr den Fluss der Story, als dass es einen neugierig macht. Ähnlich ungünstig wirkt sich das wiederholte direkte Ansprechen des Lesers aus, welches diesen immer wieder aus der Traumwelt reißt, seine Distanz zur Handlung und zur Hauptfigur untermauert und somit die Identifikation mit Douglas erschwert.

Auf der sprachlichen Ebene dominiert ein unprätentiöser, schnörkelloser, adjektivarmer Stil, der das jeweilige Anliegen des Autors auf eine natürliche Art und Weise -und damit angenehm zu lesen- transportiert. Einige -wenige- Metaphern und Bilder klingen zwar etwas “unbeholfen” und bemüht, aber von einem so jungen Autor kann kaum die Routine und Perfektion erwarten, mit der alte Hasen ihre -oft wesentlich langweiligeren- Bücher runternudeln.

Als kleines Gimmick hat der Lerato-Verlag dem Buch ein 5cm großes abwaschbares Wakan-Tanka-Tattoo beigefügt, welches sich der Leser von einem alten Schamanen in seinem Bekanntenkreis auf die rechte Schulter platzieren lassen kann, in der Hoffnung, dass es nicht dort bleibt.


Fazit: Ein lesenswertes, unterhaltsames Buch, das einem kleinen ungeschliffenen Edelstein gleicht: unter der etwas groben und rauen Oberfläche verbirgt sich eine fazinierende und fesselnde Geschichte.

Herndon, Cory J - Zwietracht


Titel: Zwietracht
Serie: Magie - The Gathering
Zyklus: Ravnica-Zyklus #3
OT: Magic: The Gathering: Ravnica Cycle, Book III: Dissension
Autor: Cory J. Herndon
Ü: Hanno Girke
Seiten: 361ISBN 10: 3-8332-1304-3
ISBN 13: 978-3-8332-1304-5
Verlag: Panini/Dino, 2006

Rezension von Frank Drehmel

Agrus Kos ist tot. In Ravnica bedeutet dieses im Zweifelsfalle und bei ungünstiger Dienstvertragsgestaltung für einen Wojek 50 weitere unglaublich öde Jahre als Spektralwache des Azorius-Senats. Kos ist jedoch nicht der Einzige, dem das (Un)Leben übel mitspielt, denn in Ravnica „steppt der Bär”: an allen Ecken und Enden bricht auf Grund des Zerfalls des Gildenbundes Chaos aus: drei riesige Nephilim -unsterbliche, bizarre Monster- erheben sich in Utvara und maschieren auf die Stadt zu, der Dämon Rakdos wird von seinen Thrill-Killer-Anhängern erweckt und entführt nebenbei Fonns und Jarads Sohn Myc, während er seinem Plan folgt, den Vitu Ghazi, den Baum der Einheit, zu Asche zu verbrennen und die fliegende Festung der Engel, Parhelion, taucht plötzlich aus einem interdimensionalen Riss auf und stürzt auf das Gebäude des Azorius-Senats.
Hinter all den Vorfällen scheint ein perfider Geist zu stehen, dem einzig Argus Kos Einhalt gebieten kann. Flugs wird er wieder in den aktiven Dienst gestellt, wobei das Problem besteht, dass sein alter Leib mittlerweile eingeäschert wurde und er sich daher einen dicklichen Köper mit einem beamteten Magier teilen muss.

Waren der erste und der zweite Roman der Trilogie eher lose verbunden und lagen zwischen den Handlungen rund zwöf Jahre, so knüpft „Zwietracht” fast unmittelbar an die Ereignisse des Vorgängerbandes an und schlägt einen großen Bogen zwischen den mysteriösen Vorkommnissen um den Vampir Szadek, dem Lauerer, dem Verschwinden der Engel, dem Schisma und der Drachenbrut. Dabei spendiert der Autor nahezu jedem wichtigen, nicht endgültig toten Charakter aus Band 1 und 2 einen Auftritt, dem Einen (z.B. Fonn, Pivlic, Kos) einen größeren, dem Anderen (bspw. Feder, Jarad, Crix(izix)) etwas weniger.
Wie zu erwarten liegt der Schwerpunkt der Geschichte stärker als zuvor in diesem Zyklus auf der Action, spielen ruhigere Charakter-Momente -wenn überhaupt- eine vollkommen untergeordnete Rolle. Der Krieg der Gilden manifestiert sich in einer riesengroßen Keilerei, deren gewaltige Protagonisten -die Nephilim, der Dämon Rakdos oder der Drache Niv-Mizzet- zuweilen an einschlägige Godzilla-Filme -„Godzilla, Mothra and King Ghidorah: Giant Monsters All-Out Attack" oder "Godzilla und der Kampf der Titanen"- erinnern: groß, größer, am größten, Städte verschlingend und unaufhaltbar.
Ganz nebenbei erfährt der interessierte Ravnica-Spieler weitere Details über den Bund, ausgewählte Gilden -diesmal Radkos, Simic- und ihr Verhältnis zueinander, wobei die Erklärung für den Bruch des Paktes allerdings alles andere als überzeugend und tiefsinnig klingt und auch ansonsten nicht jede Auflösung wirklich plausibel bzw. befriedigend scheint. Aber obgleich der Humor wie schon im zweiten Teil etwas zu kurz kommt und der Autor sein Pulver verschossen zu haben scheint, was die skurilen Ideen betrifft, so macht es dank des lockeren und gefälligen Stils Herndons dennoch Spaß, sich von der Handlung mitreißen zu lassen und den Verschwörern auf die Schliche zu kommen.

Fazit: Unterhaltsames, gut geschriebenes Action-Spektakel ohne großen Tiefgang, dafür mit einem dicken Happy-End. Alles in allem ein „runder” Abschluss der Ravnica-Trilogie...

17.12.2006

Lebert, Norbert; Lebert, Stephan - Denn Du trägst meinen Namen.


Broschiert: 222 Seiten
Verlag:
Goldmann (Oktober 2002)
ISBN:
3442151880

Aus der Amazon.de-Redaktion
Das Buch ist ebenso außergewöhnlich wie die Geschichten, die es erzählt. 1959 schilderte der Journalist Norbert Lebert, wie es den Kindern der größten Naziverbrecher 15 Jahre nach Kriegsende ging. Vierzig Jahre später führt sein Sohn Stephan diese Arbeit fort. Er möchte ergründen, was es für diese Kinder bedeutet, einen Vater zu haben, der an einem Massenmord von nie gekanntem Ausmaß beteiligt war. Welches Schicksal Menschen erleiden müssen, die nur aufgrund eines einzigen Merkmals mit der blutigen deutschen Geschichte verbunden sind: ihrem Namen.
Es sind bedrückende Schicksale, die Stephan Lebert in seinen sehr emotional gehaltenen Reportagen erzählt. Dennoch fällt es mitunter schwer, Verständnis oder auch nur Mitleid zu empfinden. Denn es gibt sie eben doch, die Unverbesserlichen, die sich wie Wolf-Rüdiger Hess, Edda Göring oder Gudrun Himmler niemals von ihren Vätern distanziert haben, die sie auch heute noch leidenschaftlich vergöttern und verteidigen, und die teilweise der alten Ideologie treu geblieben sind. Andere, wie Niklas Frank, haben mit ihren Vätern gebrochen und sich für den Hass entschieden. Martin Bormann junior für die Sache Gottes. Der ehemalige Priester und pensionierte Religionslehrer hält nun Vorträge über die Gefahren des Nationalsozialismus. Im Osten benötigt er dafür Polizeischutz.
Jedes der Kinder hat seinen eigenen Weg gefunden, mit der Last des Namens umzugehen. Aber sie alle können sich aus der unheilvollen Verstrickung mit dem Nationalsozialismus nicht lösen, obwohl sie eigentlich unschuldig sind. Sie leben das Leben ihrer Väter weiter. "Wissen Sie", sagt Martin Bormann resigniert, "man kann seinen Eltern nicht entkommen, wer sie auch sind". --Stephan Fingerle --

Kurzbeschreibung
Auch lange nach dem Dritten Reich sind ihre Lebensläufe mit dem Nationalsozialismus verbunden: die Kinder prominenter Nazis. Einzigartig die Konstruktion des Buches: 1959 besuchte Norbert Lebert die jungen Erwachsenen Edda Göring, Gudrun Himmler, Martin Bormann und andere. 40 Jahre später setzt sein Sohn Stephan die Arbeit fort: Ein sehr persönlicher Augenzeugenbericht und Momentaufnahmen von seltener Eindringlichkeit. »Mehr als bloße Zeitgeschichte.« Der Spiegel
» ... teils eine psychologische Studie, teils eine Auseinandersetzung mit der politischen Wirklichkeit unserer Zeit, die es noch immer nicht geschafft hat, die Vergangenheit zu begreifen oder gar zu bewältigen.«
Süddeutsche Zeitung
»Berührende Porträts - jenseits von Sensationsgier - , die deutlich machen, dass es Erbschaften gibt, die nicht abzuschütteln sind.«
Frankfurter Rundschau
»Das Buch der Leberts heischt nicht um falsches Mitleid ... keine Lektüre für Mußestunden.«
Deutsche Welle Buchtipp

Somtow, S. P. - Dunkle Engel


Reihe: Edition Metzengerstein Band 19
Titel: Dunkle Engel
Originaltitel: Darker Angels
Autor: S. P. Somtow
Übersetzung: Christel Roßkopf
Verlag/Buchdaten: Festa Verlag, 2001, Seiten: 316, ISBN: 3-935822-09-X

Eine Rezension von Frank Drehmel

S. P. Somtow ist das Pseudonym des 1952 in Bangkok geborenen Multitalents Somtow Papinian Sucharitkul. Als Spross einer thailändischen Aristokratenfamilie begann er seine künstlerische Karriere als Komponist avantgardistischer Musik und versuchte sich dann ab den späten 70ern - mit großen Erfolg, wenn man der Anzahl der Award-Nominierungen Glauben schenkt - als Roman- und Kurzgeschichtenautor in den unterschiedlichsten Genres; kurze Abstecher in den Bereich des Films - als Regisseur, Autor, Produzent oder Komponist - runden das Bild eines sendungsbewussten, kreativen Menschen ab. Im Jahr 2001 besann sich Somtow seiner Wurzeln, der Musik, und zeichnet seit dem für eine Vielzahl klassischer musikalischer Projekte in seiner Heimatstadt Bangkok verantwortlich.

Der im Original 1997 erschienene Roman Darker Angels macht es dem Rezensenten nicht leicht. Wegen des komplizierten Aufbaus - nicht ohne Grund lässt der Autor seine Hauptprotagonistin an einer Stelle sagen: "Geschichten in Geschichten in Geschichten. Und jedesmal war eine weitere nötig, um die vorangegangene zu erklären." - ist eine Inhaltsangabe, die über den Hauptplot hinausgeht, kaum möglich. Doch dieses Wenige soll geleistet werden.

Man schreibt das Jahr 1865. Die Witwe Paula Grainger trifft vor dem in New York aufgebahrten Leichnam Abraham Lincolns den berühmt-berüchtigten Dichter Walt Whitman. Augenblicklich zieht der alte Mann sie in seinen Bann indem er behauptet, Dinge zu wissen, die ihr aufgeklärtes Weltbild auf den Kopf stellen.
Wenige Tage später kommen Whitman und sein jugendlicher Geliebter, Zachary Brown, einer Einladung Mrs. Graingers nach. Und es ist Zachary, der zu erzählen beginnt: eine Geschichte, in der ihr verstorbener Mann, Reverent Grainger, ihre schwarzhäutige Dienerin, Phoebe, und er selbst eine Rolle spielen, eine Geschichte, in der immer neue Protagonisten, u. a. Edgar Alan Poe und Lord Byron, die Bühne betreten; eine Geschichte, die Schritt für Schritt weiter in die Vergangenheit, auf Schlachtfelder und Sklavenfarmen und tief in die afrikanische Mythologie führt.
Schließlich erkennt Mrs. Grainger, dass die Leben all der Menschen aus den Geschichten in den Geschichten zu einem bestimmten Zweck verknüpft sind und dass auch in ihr selbst der Geist der Leopardin namens Eleuthera, was nichts anderes heißt als "Freiheit", wohnt.

Vor dem Hintergrund des amerikanischen Abolitionismus entwirft Somtow auf hohem sprachlichen Niveau in eindringlichen Bildern eine Geschichte düsterer Schönheit und Faszination, lässt afrikanische Mythen und haitianischen Voodoo-Kult in einer nicht zuletzt wegen der Einbindung historischer Persönlichkeiten sehr real erscheinenden Vergangenheit lebendig werden.

Der Aufbau des Romans ist - wie angedeutet - sehr kunstvoll gestaltet: ausgehend von der Gegenwart Paula Graingers, dem Jahr 1865, entwickelt sich die Handlung in Teilen quasi rückwärts, verästelt sich in der Vergangenheit und jeder "Ast" wird von einem anderen Protagonisten bestimmt. Der Leser muss sich mit mehreren Ich-Erzählern auseinander setzen, von denen jeder einen Teil zu einem komplexen Muster, dessen Grundgerüst - die Gegenwart - immer wieder durchscheint, beiträgt.
Dadurch, dass der Autor einerseits die Protagonisten ihre Biografien selbst erzählen lässt, andererseits aber auch andere ein Urteil über sie fällen, sind die Figuren allesamt äußerst differenziert gezeichnet und sprengen simple Schwarz-Weiß-Schemata. Somtows Charaktere sind nicht per se gut oder böse, sind keine statischen Figuren, sondern entwickeln sich und zeigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihrer Biografie unterschiedliche Facetten ihres Wesens.

Unklar bleibt, welchem Genre sich Somtows Roman zuordnen lässt. Ich persönlich würde ihn eher dem magischen Realismus zuschreiben, weil in der zentralen Figur der Paula Grainger Mythos und Logos eine vollkommene Synthese eingehen. Ganz in ihrer Zeit verhaftet, im Bewusstsein der technischen Segnungen auf der einen und der moralischen Verworfenheit der "Moderne" auf der anderen Seite, ist sie in der Lage und Willens, die Magie zu akzeptieren.
Andere mögen das Buch auf Grund der zuweilen recht drastischen Bilder und der düsteren Spannung eher dem Horror-Genre zurechnen. Doch hier gilt es zu bedenken, dass es nicht die metaphysischen Aspekte - die Leichen verzehrenden Zombies, die schwarzen Götter und Engel - sind, die das Grauen im Leser wecken, sondern es sind jene Dinge, die Menschen Menschen antun: der Tod auf dem Schlachtfeldern des Sezessionskrieges oder die Unmenschlichkeit der Sklaverei. In deutlicher Abgrenzung zum ganz irdischen Horror steht das Übernatürliche bei Somtow für individuelle und kulturelle Identität, für Gerechtigkeit und Befreiung des Menschen aus einer sich selbst auferlegten Knechtschaft.
In gewisser Hinsicht ist Darker Angels damit auch ein politischer Roman, eine Anklage gegen Rassismus und Intoleranz. Bemerkenswerterweise unterliegt Somtow nicht der Versuchung, das Bild des "edlen Negers" zu zeichnen; auf Grund der gesellschaftlichen Situation im Amerika Mitte des 19. Jahrhunderts sind die Schwarzen bei ihm zwar in der Regel Opfer und erhalten damit von vornherein einen Sympathiebonus, doch auch sie laden Schuld auf sich, während auf der anderen Seite selbst die Weißen auf Erleuchtung und Erlösung durch die schwarzen Götter hoffen können.

Fazit: Ein hohes sprachliches Niveau, eine kunstvoll konstruierte Geschichte und eine bedrückend intensive Atmosphäre machen Dunkle Engel zu einem Meisterwerk der phantastischen Literatur!

16.12.2006

Smith, Anthony Charles H. - Labyrinth


Verlag: Bastei-Verlag (1991)
ISBN: 3404108191

Die 15-jährige Sarah fühlt sich einsam und unverstanden, seit ihr Vater wieder geheiratet hat. Und es nervt sie, immer wieder den Babysitter für ihren Halbbruder Toby spielen zu müssen. Als Toby eines Abends gar nicht mehr aufhören will zu weinen, wünscht sich Sarah, der König der Kobolde möge ihn holen, damit sie endlich Ruhe findet und ihren Träumen nachgehen kann. Kaum hat sie den Wunsch ausgesprochen, bereut sie ihn auch schon wieder. Aber Toby ist verschwunden, und Jareth, der König der Kobolde, steht vor ihr. Er gibt Sarah 13 Stunden Zeit, um Toby zu befreien, den er auf seinem Schloss inmitten eines riesigen Labyrinths versteckt hält. Sarah setzt alles daran, ihren Bruder wieder zu befreien. Doch sie gerät in eine mysteriöse Welt voller seltsamer Gestalten......

Körner-Armbruster, Angela - Totgeburt weiblich. Ein Abschied ohne Begrüßung


Broschiert: 119 Seiten
Verlag: Attempto Verlag; Auflage: 2 (Oktober 1994)
ISBN: 3893082107


Der Versuch, den erlebten Schrecken einer Totgeburt literarisch zu bannen und mit Müttern, Vätern und Geschwistern zu teilen.

Sehr leise und sehr ehrlich erzählt die Autorin, wie sie ihr zweites Kind erwartet und zur Welt bringt. Als nach problemloser Schwangerschaft in der 32. Woche plötzlich die Diagnose “Herztöne Null” gestellt wird, beginnt eine Geburt für den Tod. Wie Angela Körner-Armbruster ihre widersprüchlich Hilflosigkeit und die Verzweiflung diese Märztages und den langen Weg aus der Depression der darauffolgenden Trauermonate beschreibt, das hat etwas ungemein Anrührendes. Eine dunkle Poesie, die nichts beschönigt und deshalb auch der Gefahr entgeht, in Kitsch mit Trauerrand abzugleiten.(Beschreibung des Verlages)

Finn, Thomas - Das Schwarze Auge, Band 62


Serie / Zyklus: Das Schwarze Auge, Band 62
Titel / Originaltitel: Das Greifenopfer
Autor: Thomas Finn
Verlag / Buchdaten: Heyne 06/6062, 2002

Rezension von Frank Drehmel

Weltzeitwende: Karmakorthäon, der Namenlose Gott sendet seine Diener in alle Welt, um sich das dämmernde neue Zeitalter untertan zu machen. Die jungen Völker Deres werden kämpfen müssen oder untergehen. Eine Schlüsselstellung in diesem Kampf nimmt die äonenalte, monumentale Trollfestung Matschagroll-Blutsch ein, durch mächtige Magie geschützt und verborgen in den Gebirgszügen der Blutzinnen.

Die Orks suchen dort unter Führung des Schwarzen Marschalls Saddrak Whassoi und des Orkherrschers Aikar Brazoragh nach jener Waffe, mit der einst der stiergehörnte Brazoragh seinen göttlichen Vater Tairach erschlug. Mit diesem Artefakt soll es den Orks gelingen, die Glatthäuter von Dere zu fegen. Der verbitterte und verblendete Ork-Schamane Knopphold will im Zentrum der Festung in einem mächtigen magischen Ritual den halbgöttlichen Dämonenmeister Borbarad wiedererwecken, um mit dessen Hilfe und als sein Diener die Schmach zu vergelten, die die jungen Völker dem soviel älteren Volk der Trolle angetan haben.

Die (Halb)Menschen: auf der einen Seite die Anhänger des Namenlosen, die mit dem "Sternenstaub" aus der Feste ihrem dunklen Gott die Macht über Dere zu Füßen legen wollen, auf der anderen Seite die Helden: der junge Phexgeweihte Greifwin und die ebenso jugendliche Halbelfin Mayla, Magistra an der Akademie der Verformung zu Lowangen. Beide versuchen, geführt von Visionen ihrer Götter, dem bösen Treiben Einhalt zu gebieten. Nachdem sie einige kleinere Abenteuer in Lowangen überstanden haben, machen auch sie sich auf den Weg nach Matschagroll-Blutsch, begleitet von dem Troll Krallulatsch, behütet von ihren Göttern.

Die Story ist spannend, die Erzählweise des Autoren im großen und ganzen routiniert und gefällig, die Protagonisten - von Saddrak Whassoi bis hin zum Anhänger des Namenlosen - in ihrem Handeln glaubwürdig, und dennoch: insgesamt hinterlässt der Roman einen unbefriedigenden Eindruck.

Leser, die - wie ich - "Das Schwarze Auge" generell nicht spielen oder jene, die die aktuellen Kampagnen und Szenarien nicht verfolgen konnten, werden Schwierigkeiten haben, die Bedeutung der hier geschilderten Ereignisse hinsichtlich ihrer Auswirkung auf Aventurien und seine Völker zu würdigen und einzuordnen. Das gutgemeinte und notwendige Nachwort des Autoren, in welchem er den historischen Kontext der Geschichte (zu) grob umreißt, ändert nur wenig an der Tatsache, dass dieses ein DSA-Roman für "Insider" ist.
Zudem scheint mir das Nachwort jene Neugier wecken zu sollen, die aus Nicht-DSA-Spielern Konsumenten der - wie ich finde - viel zu teuren FanPro-Produkte (Quellen-, Kampagnenbände) macht; insofern ist es alles andere als uneigennützig.

Ein zweiter - inhaltlicher - Kritikpunkt ist, dass ein ausuferndes "Götterwirken" den Protagonisten nie wirklichen Handlungs- bzw. Entscheidungsspielraum läßt, sie nicht frei sind. Die Götter - insbesondere Phex und Praios, aber auch der Namenlose - werden zu manifesten Entitäten, die den Lauf der Dinge in ihrem Sinne vorantreiben, sodass sich die Frage stellt, weshalb die Neuen Völker überhaupt ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen sollten. Diese Mahnung machte nur Sinn, wenn die Götter nicht mehr als abstrakte Konzepte wären oder aber nicht dermaßen handfest in die weltlichen Belange eingriffen.
Nebenbei war mir bis zum Schluß nicht klar, weshalb Phex - der Graue, der Gott der Händler und Diebe, Hüter des nächtlichen Himmels - ausgerechnet den im Grunde unbedarften und für einen Geweihten tölpelhaften Greifwin, der außerdem nur den diebischen Aspekt seines Gottes durch seine Taten repräsentiert, als Erfüllungsgehilfen erwählte.

Ein Drittes: sprachlich schwächelt die Erzählung dann, wenn das Volk der Trolle die Bühne betritt. Zum einen gelingt es Thomas Finn meines Erachtens nicht, die wahre Dimension und gewaltige Atmosphäre des zentralen Handlungsortes -der Trollfestung, dem Ort des "Showdowns"- sowie die Tragik, die dieses alte und einst mächtige Volk umgibt, in angemessene Worte zu fassen. Etwas wird nicht dadurch ehrfurchtgebietend und gigantisch, dass man es als solches bezeichnet. Ein Grund für diesen Mangel mag in der Rasanz der Geschichte liegen, die kaum Zeit zum Verweilen und Staunen lässt.

Zum anderen sind die trollischen Namen und Ausdrücke von einer erschreckenden stereotypen Tumbheit. "Matschagroll-Blutsch" weckt in mir die Assoziation von - sorry - Kuhscheiße und nicht die des architektonischen Monumentes eines uralten, kulturschaffenden Volkes. Mehr oder weniger bewusst verglich ich beim Lesen diese fast schon parodistischen "Ausdrücke" ständig mit der genialen Übersetzung der Riesennamen aus dem Thomas Covenant-Zyklus von Stephen R. Donaldson und weinte bittere Tränen ob der Ideenlosigkeit, ...naja, fast zumindest. Dieses "Ungenügend" möchte ich allerdings -"mangels besseren Wissens" und im "Zweifel für den Angeklagten"- nicht dem Autor allein anlasten: DSA ist ein so explizit ausgearbeitetes Rollenspielszenario mit einer umfassenden fiktiven Historie, dass die DSA-Schreiber in ein enges Korsett aus "Fakten" - eben hier wahrscheinlich der Trollsprache, beziehungsweise ihrer garethischen Übersetzung - gepresst werden. Sollten sie dieses sprengen, hagelte es Beschwerden von jenen DSA-Spielern, deren Hang zur Erbsenzählerei sie die Namen aller Klugen Kaiser des Neuen Reiches auswendig lernen lässt, einschließlich deren Regierungszeit, Name ihres Lieblingspferdes und Haarfarbe der Urgroßmutter väterlicherseits.

Ein kleiner Lichtblick auch hier zum Schluss: das Ende der Geschichte ist wiederum originell und wahrhaft phexwürdig. Das für Heyne-DSA-Romane obligatorische Glossar fehlt natürlich nicht; allerdings hätte ich mir eine Detailkarte der Blutzinnen und eine Stadtkarte Lowangens gewünscht, was bei einem Preis von 7,95 Silberlingen als Leserservice durchaus angebracht wäre.

Fazit: Das Greifenopfer ist ein alles in allem zwar unterhaltsamer Roman, der wegen seiner Bezugnahme auf vergangene Ereignisse und den Ausblick auf zukünftige jedoch eindeutig die DSA-Spieler unter den Lesern als Zielgruppe anspricht und daher nur bedingt empfohlen werden kann.