Reihe: Devil May Cry #1
OT: Devil May Cry
Autor: Shinya Goikeda
Ü: Ai Aoki
Seiten: 235
ISBN 10: 3-8332-1409-0
ISBN 13: 978-3-8332-1409-7
Verlag: Panini/Dino, 2006
Rezension: Frank Drehmel
In einer namenlosen Stadt verdient sich Tony Redgrave als sogenannter Allrounder seinen Lebensunterhalt. Im Umgang mit Schwert und Handfeuerwaffen nahezu perfekt geschult und mit übermenschlichen Reflexen ausgerüstet verdingt er sich denen, die seine Fähigkeiten zu schätzen wissen und die genug bezahlen können. Skrupel hat er zwar grundsätzlich keine, jedoch gehen ihm Mord und sinnloses Töten gegen den Strich, sodass er unter seines Gleichen, den anderen Allroundern, als Weichei verschrien ist.
Eines Tages taucht ein mysteriöser Fremder mit einem vollständig bandagierten Gesicht, Gilver, in jener Bar auf, in der Tony rumzuhängen pflegt und fordert ihn zum Zweikampf. Durch ein Trick kann der junge Allrounder zwar den Fight für sich entscheiden, aber ein ungutes Gefühl bleibt. Und tatsächlich häufen sich in der folgenden Zeit seltsame Vorkommnisse: Tony wird mehrmals von dämonischen Wesenheiten angegriffen und sein Status als “Mann für alle Fälle” wird zunehmend durch den vollkommen rücksichts- und skrupellosen Gilver in Frage gestellt.
Als nach und nach Tonys wenige Freunde auf grausame Weise ermordet werden, ist es für ihn Zeit, sich seiner Vergangenheit zu stellen: Tony Redgrave ist tot! Es lebe der Halbdämon Dante!
Weder ringen mir als tendenziell japanophoben Konsumenten Animes und Mangas im allgemeinen spitze Lustschreie oder orgiastisches Stöhnen ab, noch hatte ich mich vor diesem Buch speziell mit den zugrunde liegenden, gleichnamigen PS2-Spielen auch nur ansatzweise auseinandergesetzt, da mich dieses Game-Genre noch weniger interessiert als antikes Reigenschwimmen. Nicht die besten Voraussetzungen, um einen Roman zu rezensieren, bei dem schon Autorenname und Cover kaum einen Zweifel an seiner kulturellen Zuordnung lassen. Und wirklich: das Buch bestätigte meine Vorurteile weitgehend: die Charaktere -insbesondere natürlich Tony/Dante und Gilver- sind holzschnitthafte, platte Poser ohne Ambivalenz, denen das Outfit wichtiger ist als Reflexionen ihres amoralischen Tuns und deren Dialoge über inhaltsloses Aufplustern kaum hinausgehen. Das Ambiente ist so detailliert gezeichnet wie der Heidi-Anime von anno dazumal, Handlungsorte bleiben unbeschrieben, vollkommen beliebig und austauschbar, die Beweggründe der dämonischen Widersacher grenzen, sofern man sie überhaupt zu erkennen vermag, ans Lächerliche, und die Story schließlich ist unplausibel, grob und bietet nichts, was man nicht schon x-mal so oder ähnlich gesehen und gehört hat. Alles in allem lassen diese Schwächen auch für den, der die Spiele nicht kennt, den Schluss zu: hier erfährt man nicht Wichtiges über den Hintergrund.
Das Erschreckendste jedoch: es macht Spaß, diesen Japan-Trash zu lesen. Zum einen mag es an den entzückenden Gore-Szenen und drastischen Bildern liegen, die der Autor hin und wieder überraschend beiläufig einstreut, zum anderen nimmt sich der Roman zu keinem Zeitpunkt ernst, lässt durch seinen oftmals ironischen Unterton keinen Zweifel daran aufkommen, dass er keine tiefergehende Botschaft besitzt als zwei Stunden einfachste Unterhaltung.
Fazit: Ein Roman gewordener Mainstream-Anime: Anspruchslos, nicht besonders gut geschrieben und dennoch unterhaltsam. Pflichtlektüre-Lektüre für jeden Tokyopop-Fan.