18.06.2008

Sternentagebuch - Gott is(s)t ein Hühnchen

Versuchskaninchen

In einem verbeulten Raumschiff der ersten Generation der Raumfahrt legte Raumpilot Mathias die Füße aufs Kontrollpult und sah zu dem Glaskasten, in dem er die Erinnerungen an die Erde aufbewahrte. Viel, abgesehen von seinen Erinnerungen, war ihm nicht geblieben. Eine zerfetzte Fahne der Frecce Tricolori, die er aus einem von Raumpiraten zerschossenen Schiff geborgen hatte. Ein Bierkrug aus seiner Heimat, der Henkel war jedoch abgebrochen und lag in einer Plastiktüte in dem Krug. Dann noch ein paar Geldscheine und Münzen, die er zu Wucherpreisen von galaktischen Händlern gerettet hatte. Sie hätten das wertlose Zeug verbrannt oder eingeschmolzen. Doch für den Piloten hatten diese Dinge einen ideellen Wert, sie waren der Rest seiner Identität und Herkunft.

Seit die Erde vergangen war, verbrannt von den Neidern, die das grüne Paradies nur zu gerne besessen hätten, und als die Menschen es ihnen verwehrten den blauen Planeten mitsamt seiner Einwohner einfach aus den Karten ausbrannten.

Menschen waren nun bessere Zootiere in einem goldenen Käfig. Durch die Liga der verbündeten Welten hatten sie freie Passagescheine erhalten, die ihnen erlaubten sich auf jedem Planeten niederzulassen oder von dort ihre nächste Passage anzutreten. Da sie aber nirgends sesshaft werden konnten (größere Kolonien wurden früher oder später wieder angegriffen und ausgelöscht), waren die Menschen zu Streunern geworden. Und damit natürlich zu den häufigsten Opfern von Raumpiraten.

Doch Mathias kümmerte das wenig. Er flog unter sicherer Flagge, der Forschungsabteilung der Liga der verbündeten Welten. Nicht einmal die Piratenflotte und Dag Durnik, dem berüchtigtsten und blutrünstigsten Raumpiraten zwischen Orion und Centauri, würde es wagen ein Schiff unter der Fahne dieser Allianz anzugreifen. Denn selbst er hatte die Waffen in den Geheimlaboren dieser Abteilung zu fürchten, die Letzter-Tag-Maschine hatte schließlich unlängst ein ganzes von ihm besetztes System verbrannt.

Pilot Mathias hielt sein Schiff genau über dem Nordpol eines von der Liga aufgekauften Planeten, der bald einem Experiment zum Opfer fallen würde. In dieser Beziehung schienen die Extraterrestrischen wenig Ethik zu besitzen. In den letzten elf Jahren hatte Mathias miterlebt wie über ein Dutzend Planeten aus wissenschaftlichen Gründen, manchmal mitsamt seiner Bevölkerung, ausradiert wurde.

Unter dem Bauch des leichten Raketenschiffs leuchteten die Polarlichter in einem wilden Aufflammen von Farben, die den Piloten an einen Disko auf der Erde erinnerten. Ihr Leuchten hatte sich in den letzten Minuten intensiviert und die Impulse waren zahlreicher geworden. Anscheinend spielten die Wissenschaftler an der magnetischen Anziehung herum.

Plötzlich leuchtete aber auf dem Schaltpult eine rote Lampe auf und Mathias nahm entnervt den veralteten Hörer ab. Neuere Schiffe verfügten über neurale Anschlüsse, aber für Menschen waren die Feldtelefonen ähnlichen Geräte wohl ausreichend. Am anderen Ende der Leitung (obwohl man bei einer Schiff-Schiff-Verbindung kaum von Leitung sprechen kann) war Dekan Karrok Durgal, ein lästiger Zentaur aus dem Orionnebel. „Bald ist es so weit. Bereitmachen zum Quantensprung.“

„Verstanden. Wie Flash Gordon sagte: Auf in Kampf. Oder so.“

„Wer ist Flash Gordon? Ein Mensch?“

„Vergessen Sie es. Ich bin bereit.“ Mathias legte die Hörer auf und brachte seinen Sitz in eine aufrechte Stellung und legte die Sicherheitsgurte an. Das war einer der Momente, in denen er sich wie ein Affe bei den Raketenversuchen der NASA auf der Erde fühlte.

Die Geräte seines Schiffs Bianca wurden nun vollständig von Dekan Durgals Leitschiff übernommen. Die Position veränderte sich einige Mal ruckartig um wenige Meter bevor sich das Sichtfenster aus fünf Zentimeter dickem Plexiglas den Sternen zuwandte.

Pilot erkannte einige Sternenbilder, dann geschah es.

Der Planet unter seinem Schiff leuchtete rot auf und begann sich aufzulösen während eine wahre Flut von Magnetwellen in Form von Polarlichtern über die Atmosphäre fegte. Die magnetische Entladung weitere sich auf das Schiff aus und gab ihm Schub.

Der Pilot wurde in den Sitz gedrückt und verlor beinahe das Bewusstsein. Vor der Nase des Schiffs veränderte sich der Ereignishorizont und katapultierte das Schiff in den Quantenhyperraum. Der schwarze Weltraum verlor sich in tiefem Rot mit schwarzen Konturen.


Streunerkolonie

„Unbekanntes Schiff auf Kurs 007 zu 823. Identifizieren Sie sich oder wir werden Sie abschießen. Kommen.“

Mathias lächelte. In Anbetracht der veralteten Raketenrampen, über die der Mars verfügte, war das nicht einmal mehr eine leere Drohung. Seit dem Piratenüberfall von 2034 waren die Silos leer und die Anlagen nur mehr pro Forma vorhanden.

„Identifikation erfolgte. Sternenschiff Bianca aus dem Tigris-Sektor. Ein Besatzungsmitglied. Erbitte Landeerlaubnis in Planetarstadt New Hope. Kommen.“

„Identifikation bestätigt. Willkommen zurück. Landeerlaubnis erteilt. Ende.“

Mathias brachte seinen Sitz in eine waagrechte Stellung und zog die Gurte fest. Danach stellte er das Schiff auf Autopilot und schloss die Augen. Ein kurzer Stoß der Triebwerke beschleunigte das Schiff auf beinahe Schallgeschwindigkeit und brachte es in die dünne Atmosphäre des Mars. Die Hitzeschilde begannen zu glühen bevor das Schiff die oberen Schichten durchstoßen konnte und den Schub umkehrte. Der Autopilot brachte den Sitz des Piloten wieder in die normale Stellung und der Pilot übernahm wieder das Kommando. Der Leitstrahl erfasste seine Sendeantenne und zeichnete auf seinem Bildschirm die Flugroute mit einem roten Strich vor.

Längsseits der Bianca gingen zwei veraltete Düsenmaschinen der ersten Generation auf Flughöhe und überprüften das Schiff noch einmal Visuell. Der Pilot winkte seinen Kameraden zu, deren Gesichter hinter verspiegelten Helmen verborgen waren. Unter den Flügeln trugen sie je fünf Atomraketen, die letzten der Menschheit.

Die Bianca durchstieß eine schwarze Wolkenwand und fand sich dann allein im Anflug auf New Hope. Die Abfangjäger waren also in den Wolken abgedreht, wahrscheinlich um das nächste anfliegende Schiff zu beobachten. Im Orbit hatte der Pilot mehrere Transporter von Orion ausgemacht, die Verpflegung und Waren auf den Mars bringen sollten.

„Endlich wieder Zuhause“, flüsterte Mathias und programmierte die letzten Flugvektoren. Dann verließ er seinen Posten und begann sein weniges Hab und Gut zu packen.

Der Gestank von Diesel, Öl und sonstigen Treibstoffen schlug Mathias entgegen als sich die Schleuse der Bianca wie ein gieriger Mund öffnete. Sofort kam ein kleiner Techniker vom Omicron Perseji auf Mathias zu gerannt und überschüttete ihn mit einem Wortschwall in seiner Heimatsprache.

„Nichts, danke“, antwortete Mathias uninteressiert und stieß den kleinen Techniker zur Seite bevor dieser eine Hitzeschott aufreißen konnte um es danach wieder zu reparieren.

Schließlich erschien eine Deckwache und nahm die Personalien von Mathias auf. Danach errichtete er ein Blockierschild um die Bianca.

„Wie lange werden Sie bleiben?“ fragte der Deckoffizier abschließend.

„Solange wie das reicht“, antwortete Mathias grinsend und öffnete eine kleine Sporttasche. Die Augen des Deckoffiziers weiteten sich vor Überraschung. „Sind das…?“

„Unverschnittene Duraniumkristalle, ja“, antwortete Mathias und schloss die Tasche wieder. Er schulterte sie und verließ dann den Hangar. Hinter ihm schloss sich die schwere Panzertür und versiegelte sich. Die Schleuse begann mit der Reinigung von Mathias und elf weiteren Piloten von verschiedenen Welten. Dann öffnete sich eine weitere Tür und sie betraten den Markt.

Dort herrschte dichtes Gedränge. Menschen und Außerirdische hatten dort ihre Stände oder drängten sich dazwischen. Auf erhöhten Punkten standen schwer bewaffnete Chamäloniten-Wachen mit automatischen Waffen und hielten ihre acht Augen offen.

Der Lärmpegel stieg an als die anderen elf Piloten ihre Tragtaschen öffneten und die neuen Waren auf vorbereiteten Tischen feilboten.

Nur Mathias verließ die Gruppe und wollte in der Menge verschwinden. Leider zu langsam, denn eine kräftige Hand legte sich auf seinen Schulter, packte dann seinen Arm und verdrehte ihn. „Hallo, Mathias. Doch zurück von den Toten. Wo ist das Geld?“

„Ich habe es noch nicht“, stöhnte Mathias. Seine Tasche fiel schwer zu Boden und platzte auf. Sofort löste sich der Griff und Alquasar Alhambra ging in die Knie um die Ware genauer anzusehen. „Das sollte reichen“, grinste er.

„100 Kredite schulde ich dir, nicht mehr. Das ist über 500.000 wert!“ protestierte der Pilot. Doch Alquasar lachte nur und zog eine Waffe. „Das sehe ich nicht so.“

Mathias fixierte die kleine Strahlenkanone in der Hand des Schlägers und schätzte seine Chancen ab. Sie standen natürlich sehr schlecht.

Doch in diesem Moment sprang ein Chamölonit von seinem Posten, schlug Alquasar die Waffe aus der Hand und trat ihm in die Kniekehle. Stöhnend sank der Schläger zusammen und hatte auch schon einen Lauf im Genick.

„Weitergehen. Es gibt nichts zu sehen“, befahl der Wächter und presste seinen Hals gegen die Schulter. Dann sprach er in der schnellen, zischelnden Sprache seines Volkes zu seinem Wachoffizier.

Mathias war das jedoch herzlich egal. Er packte sein Zeug und verschwand wieder in der Menge.


Alte Geschäftspartner

Leider kam Mathias auch dieses Mal nicht weit. Denn als er den Markt in Richtung seiner Unterkunft verließ bemerkte er bereits die beiden Schläger, die ihm dicht folgten und direkt vor seiner Eingangstür zu ihm aufschlossen. Mathias musste nicht lange nachdenken um zu wissen wer diese beiden schrägen Gestalten geschickt hatte.

„Ich verstaue schnell meine Sachen, dann können wir gehen. Kein Grund gewalttätig zu werden, oder?“ Vorsichtig stellte er die Tasche in dem kleinen Wohnraum ab und nahm ein Musterstück seiner Bezahlung an sich. Die beiden Schläger waren überraschenderweise mit verschränkten Armen vor der Tür stehen geblieben und nahmen Mathias nun in die Mitte. So lotsten sie ihn zu einem alten wasserstoffbetrieben Wagen, der am Rande des Marktes stand. Der linke Schläger öffnete die hintere Tür und wies den Piloten mit einer herrischen Geste an einzusteigen. Kaum hatte er sich gesetzt, schlug er schon die Tür zu und versperrte sie. Danach nahmen die beiden vorne Platz und verspiegelten die Fensterscheiben. Eine kurze Eingabe und die Computersteuerung setzten den Wagen in Bewegung.

Ihr Ziel war eines der unzähligen Lagerhäuser in der Nähe des Weltraumbahnhofs. Allerdings war dieses hier nicht so heruntergekommen und stand unter Bewachung.

Sie nahmen den Wagen genau unter die Lupe bevor sie ihn passieren ließen. Drinnen stoppte das Fahrzeug dann zwischen bis zur Decke gestapelten Kisten und die beiden Schläger nahmen Mathias wieder in die Mitte. Dann führten sie ihn tiefer in die Lagerhalle in eine Art Aufenthaltsraum.

Dort sah ein mit grünem Blut überströmter Außerirdischer auf einem Sessel und musste gerade weitere Prügel von einem Bronzegolem aus Beta-Centauri einstecken. Am anderen Ende des Raums saß auf einem erhöhten Sessel, der im Verhältnis zur restlichen Einrichtung wie ein Thron wirkte, der Besitzer dieser Lagerhalle.

Als Mathias vorgeführt wurde stand er auf sodass der lange schwarze Ledermantel von seinen Schenkeln fiel und bis zum Boden reichte. „Zurück von den Toten wie ich sehe. Zeit deine Schulden zu begleichen.“

„Gut dass du das erwähnst. Ich wollte gerade Kontakt mit dir aufnehmen als mich diese beiden netten verschwiegenen Herren bereits zu Hause abholten.“

„Mir entgeht eben nichts. Also, sind wir glücklich miteinander oder muss ich dir eine Behandlung zukommen lassen wie dem armseligen Kyrik hier?“

Bei der Erwähnung seines Namens hob der gefesselte Außerirdische den Kopf, was zu Folge hatte das die Faust des Foltermeisters in sein Gesicht donnerte, den Knochen knacken und weiteres Blut spritzen ließ.

„Mathias, du hast bestimmt Zeit. Ich muss zuerst dieses Geschäft beenden. Außerdem wartet dann noch ein Roboterladenbesitzer, der sein Schutzgeld nicht bezahlen will.“

„Du hast wohl viel zu tun, Rosi…“

Da begann der Pate zu zittern, seine Mundwinkel flatterten und eine Ader erschien auf der Stirn. Schlotternd griff er in seine Manteltasche und holte eine kleine Metalldose heraus. Darin klapperten irgendwelche Tabletten. Doch als er die Dose öffnete erkannte Mathias dass es Kaugummis waren. Einer verschwand im Mund des Paten, der sich dann langsam wieder beruhigte. „Nenn mich nie wieder so“, zischte er zwischen den Zähnen hervor und begann zu kauen.

„Also, Kyrik, wo ist meine Ware? Goldie hat dich jetzt eine Stunde bearbeitet und ich kenne noch andere Methoden. Du willst dich doch nicht selber quälen, oder?“

„Ich weiß es wirklich nicht. Der Lieferant garantierte mir er würde zustellen. Er ist...:“

„Ein Kadaver mit sieben Laserverbrennungen in der Brust. Er sagte du hättest ihm die Waren nie übergeben. Die Spur führt zu dir, Kyrik.“

„Dann hat sie vielleicht Angel genommen.“

Der Pate begann wieder zu zucken und nahm dann einen zweiten Kaugummi. Mathias vermutete dass irgendein Enzym oder eine Droge beigemengt war. „Angel würde das niemals tun. Er arbeitet für mich! Goldie, hol den Flaschenöffner. Kyrik hat wohl Durst.“

Gierig leckte sich der Außerirdische die geschwollenen Lippen. „Ja, ich habe Durst. Danke vielmals.“

Der Golem brachte dem Paten einen alten Korkenzieher mit rotem Griff und ging dann genauso wie die beiden Schläger, die Mathias hergebracht hatten, mit verschränkten Armen an der Wand in Stellung.

„Nun, dann geben wir dir etwas zu trinken“, zischte der Pate und ergriff den Arm von Kyrik. Dann setzte er den Flaschenzieher an und blickte dem schlotternden Außerirdischen in die Augen. „Sag jetzt die Wahrheit, denn das könnte wirklich weh tun“, drohte er.

„Ich sagte immer die Wahrheit“, wimmerte Kyrik. Der Pate schüttelte den Kopf und begann dann langsam den Korkenzieher einzudrehen. Als der Griff die fettige Haut von Kyrik berührte fragte er erneut: „Willst du reden?“ Doch Kyrik schüttelte mit zusammengepressten Lippen den Kopf. Während der Folter hatte er keinen Laut von sich gegeben.

„Ich habe dich gewarnt!“ Mit diesen Worten riss der Pate den Flaschenöffner aus dem Fleisch. Blut spritzte und ein leiser Schrei kam über Kyriks Lippen. Dann warf der Pate den Flaschenöffner Goldie zu. „Du hast noch drei weitere Arme und vier Beine, Kyrik. Wenn du dann nicht sprichst wird Goldie das Ding in dein Herz drehen. Alles klar?“

Kyrik nickte schnell und eifrig und begann dann zu erzählen wie ein Wasserfall. Der Pate nickte immerzu langsam und seine Miene hellte sich langsam auf. Schließlich fiel ein Name. Der Pate drehte sich zu seinen Leuten um und gab ihnen ein Zeichen: „Holt ihn euch, Goldie wird auf mich aufpassen. Und jetzt zu diesem Roboter.“

Mathias räusperte sich. „Chef, ich will nicht anmaßend sein. Aber ich habe noch andere Dinge zu tun. Würde es zu viele Umstände machen? Bitte?“

Mathias zog bereits den Kopf ein in Erwartung dass gleich Fetzen fliegen würden. Doch der Pate blieb ruhig und gefasst. „Also es geht um 150.000 Kredits und die letzten fünf Raten für die Bianca. Alles in allem kommen wir auf etwa eine halbe Million. Was hast du also anzubieten um diesen Betrag zu decken?“

„Das hier“, antwortete Mathias und kramte das Musterstück der Duraniumkristalle aus der Tasche. Der Pate fing das Stück auf und musterte es. Dann reichte er es Goldie, der das Ding mit einer Lupe untersuchte. „Unverschnitten, Boss.“

„Sehr gut. Wie viel kannst du mir liefern?“ kam der Pate sofort zur Sache.

„Vorerst 400.000. Ich muss ja noch leben“, antwortete Mathias und stieß einen Lacher aus. Doch der Pate fletschte die Zähne. „Wie viel kannst du liefern?“

„450.000 sofort. Es fallen noch Reparaturen an. Außerdem habe ich sonst noch ein paar kleinere Schulden.“

„Ich habe gehört du hast meinen Freund Alquasar ins Gefängnis gebracht. Wenn ich die Kaution nicht bezahle wandert er noch heute in den Konverter. Viel Energie würde der alte Penner nicht ergeben, aber er war immer ein verlässlicher Eintreiber.“

„Und was hat das mit unserem Geschäft zu tun?“ fragte Mathias.

„Goldie. Erklär es ihm.“

„Du schuldest dem Boss Vierfufzig und allen anderen noch mal etwa fünfundsiebzig. Sagen wir achtzig damit es ein grader Betrag wird. Also kriegt der Boss fünfdreißig Riesen von dir. Jetzt. Sonst geht es dir wie dem hier.“ In diesem Moment drehte der Bronzegolem Kyrik den Korkenzieher in die Brust. Der Körper des Außerirdischen erschlaffte.

„Ich habe nur 500.000 bekommen“, antwortete Mathias schnell, „für den Rest muss ich noch einmal raus. Ich weiß aber nicht ob Dekan Durgal mich noch einmal nimmt. Normalerweise lässt er deine Versuchskaninchen nur einmal fliegen.“

„Dekan Durgal? Lass das meine Sorge sein. Und weil wir Freunde sind zahlst du jetzt sofort nur 490.000“, sagte der Pate und reichte Mathias die Hand. Vorsichtig ergriff der Pilot sie. „Dass das aber nicht zur Gewohnheit wird, ja?“

„Natürlich nicht, Rosi.“ Die Miene des Paten wurde wieder düster „Ähm, Chef natürlich.“

„Besser. Dann gehst du jetzt nach draußen und sprichst mit Angel. Er wird mit dir gehen und meine Ware abholen.“

„Klar. Dann bis später“, antwortete Mathias und verschwand pfeilschnell.

„Anlügen kann ich mich selber“, zischte der Pate und nahm eine automatische Laserkanone aus einer Kiste, die an der Wand lehnte. „Also, Goldie. Wo ist dieser Roboter, der es nicht für nötig erachtet mir Schutzgeld zu zahlen?“

Mathias war froh den Rest der Konversation nicht mit anhören zu müssen.

Beim Wagen stand bereits Angel, ein großer Schläger mit Hakennase und nacktem Oberkörper. Auf seiner Brust waren Tätowierung eines Panthers und eines Wolfs, auf dem Rücken trug er Engelsschwingen. Er machte sein böses Gesicht als er Mathias erblickte, eben das Gesicht, dass ihm den Spitznamen eingebracht hatte. „Na sieh einer an. Wen haben wir denn da?“ feixte er und öffnete die Tür. Im Wagen saß bereits der Waffenbruder von Angel, ein Hüne namens Miro-Drago, der seine abgesägte Laserflinte auf dem Schoß trug.

„Du bist also der Kurier?“ fragte Mathias unbeeindruckt und stieg ein.

„Eher dein Aufpasser.“


Hausdrachen

Die Tür der Wohnung war eindeutig aufgebrochen worden. Zumindest sagte das Angel und wies Miro-Drago danach an den Hinterhof zu überwachen. Danach zog er selber einen Teleskopschlagstock aus den Tiefen seines Gewandes und klappte das Teil auf. Die Spitze war zusätzlich mit einer Brecheinheit verstärkt, die bei jedem organischen Lebewesen schwere Magenkrämpfe hervorrufen wurden. Vorsichtig schob er mit dem Stock die Tür auf und schlich dann hinein.

Aus dem Wohnraum waren hitzige Stimmen zu hören. Die eine Stimme gehörte eindeutig zu Mathias’ Lebenspartnerin, einer exotischen Tänzerin aus einem billigen Schuppen. Die andere klang mechanisch, wahrscheinlich ein Eintreiber der Robotermafia. Mathias hatte auch mit diesen Schurken Geschäfte gemacht und sich verschuldet. Aber seit der Machtübernahme des neuen Paten war die Robotermafia auf dem Rückzug auf allen Gebieten sodass Mathias die Quittungen dieser Schulden bereits vernichtet hatten. Nur der Roboterpate, Fat Sony, schien sie nicht vergessen zu haben.

„Wo ist das Geld?“ schepperte der Roboter erneut.

„Ich weiß es nicht. Er ist aber nicht da gewesen“, kreischte die Frau.

„Er ist seit Stunden hier. Der Don hat ihn am Port gesehen.“

„Vielleicht ist er in die Schuppen gegangen. Oder einer von euch hat ihn geschnappt. Was weiß ich, ich habe den ganzen Tag gearbeitet und bin müde.“

Eine Kreissäge sprang kreischend an. „Du wirst reden, Frau. Das garantiere ich dir.“

„Ich weiß doch nichts“, weinte sie. In diesem Moment schritt Angel ein, sprang in den Raum und schepperte seinen Schlagstock über den Schädel des Roboters. In dem roten Sehschlitz erschien das Wort Error bevor das Ding zu Boden ging. Ohne Rücksicht auf die Einrichtung riss Angel das defekte Teil hoch und schleuderte es durch das geschlossene Fenster in den Innenhof. Unten knallte Miro-Dragos Waffe, was wohl das endgültige Ausscheiden der Einheit zur Folge haben sollte.

Dann trat Mathias vorsichtig in den Raum. „Ähm, hallo Schatz. Ich bin wieder da“, grinste er und kratzte sich verlegen am Kopf. Sie war schöner als er sie in Erinnerung hatte.

Fast zwei Meter groß mit lila Haut, die mit schwarzen Flecken am Hals und den Gliedmaßen durchzogen war. Zusätzlich verliefen über den Rücken grüne Schuppen, die sich in einem etwa fünfzig Zentimeter langen Schwanz endeten. Braune Haare umrahmten das schmale Gesicht mit einer kurzen, lila Nase und haselnussbraunen Augen. Der breite, rote Mund verbarg zwei Reihen kleiner, scharfer nach innen gebogener Reißzähne und eine gespaltene Zunge. Die drei braunen Brüste waren unter einem sehr eng geschnittenen Stoffstreifen verborgen, denn eine andere Bezeichnung hatte das Oberteil nicht verdient. Es war so eng dass die Brustwarzen wie Dornen hervortraten. Die Hose ließ auch mehr offen als sie verbarg, die schwarzen Schnallenstiefel reichten zu den beschuppten Knien.

„Wo warst du?“ geiferte die Frau und trat provokant auf Mathias zu, der einen Schritt zurückwich. Aus ihrer Nase schlugen blaue Flammen.

„Unterwegs. Ich hab etwas Geld verdient.“

Sie lächelte mütterlich während ihre Zunge aus dem Mund schnalzte. „Wirklich? Ich wusste ich kann mich auf dich verlassen, Schätzchen. Wie viel denn?“

Sie nahm Mathias in die Arme und drückte ihn an ihre drei Brüste. Mathias bekam einen Moment keine Luft, dann lockerte sie ihren Griff. „Das ist das Problem“, schnappte Mathias nach Luft, „dieser nette Mann hier ist gekommen es wieder zu holen. Nur ein Teil bleibt uns.“

„Du kleiner Wurm!“ fauchte sie und drückte ihn wieder an sich. Mathias begann sich zu wehren, doch ihr Griff war zu stark. „Warte doch“, presste er heraus, „zehntausend bleiben uns doch.“

Sie stieß ihn von sich weg und sank auf die Knie. Ihre Augen leuchteten wieder. „Zehn…tausend sagst du?“ Mathias war nun auch auf den Knien, jedoch weil er keine Luft bekam. Er atmete mehrfach tief durch bevor er antwortete. „Zehntausend.“

„Wo ist das Geld. Ich muss weiter!“ mischte sich Angel ein. Er warf den abgebrochenen Schlagstock in die Ecke und ging zum zerschlagenen Fenster. „Miro, starte den Wagen!“

„In der Tasche am Flur“, antwortete Mathias und führte den Eintreiber zu seinem Schatz. Angel nahm eine Handvoll der Kristalle heraus und warf sie Mathias vor die Füße. „Der Rest geht für die Dienste von Miro und mir drauf. Alles klar?“

„Wie viel?“

„Weil du da einen Hausdrachen hast, lassen wir dir achttausend. Viel Spaß. Und sollte noch einer von der Robotermafia hier auftauchen, sag ihnen folgendes. Dieser Planet gehört nicht mehr ihnen. Sie wissen an wen sie sich wenden sollen wenn ihnen danach ist eingeschmolzen zu werden. Schönen Tag noch.“


Gute Freundschaften

Mathias’ Frau räumte das Durcheinander das die Eintreiber hinterlassen hatten zusammen, während er auf dem Sofa saß und versuchte seine Finanzen zu ordnen. „Also Rosi“, er sah sich um in der Erwartung dass der Pate gleich durch die Wand brechen würde um ihm das Licht auszublasen, „hat gesagt er übernimmt alle Schulden. Somit wird außer ein paar Ausreißern niemand herkommen, und wenn doch verweisen wir sie an Rosi.“ Wieder sah er sich ängstlich um.

„Und wie viel Geld haben wir jetzt auf der hohen Kante?“ fragte die unbeeindruckt von seinen Schlussfolgerungen.

„Mal sehen. Ein paar Kleinigkeiten habe ich noch beim Anflug bestellt“, log Mathias um zu vertuschen dass Miro-Drago und Angel noch mehr Geld genommen hatten. „Dann bleiben in etwa noch 7500 übrig.“ Ein bisschen musste er als persönliche Reserve zurückhalten, denn seine Frau würde, ob es 10 Kredits oder eine Million wären, innerhalb einer Woche alles auf den Kopf hauen. „Zusätzlich brauche ich noch 4900 für Reparaturen an der Bianca. Das macht dann 1500 für uns bis ich wieder raus muss. Aber Rosi“, ein ängstlicher Blick folgte, „wird dafür sorgen dass der Dekan mich noch einmal anwirbt.“

„Ich hoffe nur es taucht nicht noch ein Bittsteller hier auf. Sonst feg ich ihn raus wie ich diesen Roboter rausgefegt hätte wenn dieser Angel ihn nicht demontiert hätte!“

„Natürlich, Schatz“, sagte Mathias beiläufig und fing sich einen giftigen Blick ein.

„1500 Kredits. Was machen wir heute?“

„Wir sind die reichsten Leute hier im Block. Gehen wir doch in den Club.“

„Ich will heute nicht noch mehr arbeiten. Die Arbeiter aus dem Asteroidengürtel sind auf Landeurlaub und die sind so grob“, jammerte sie.

„Nana, nicht zum Arbeiten, meine Liebe. Zum Amüsieren. Mal sehen was das Rehlein so treibt.“

„Na wenn das da kein Geist ist“, begrüßte der Türsteher des 24-Stunden-Clubs die beiden Gäste und reichte Mathias die Hand. „Analbert, wie geht’s?“

„Mal so, mal so. Komm rein. Tut mir leid, Madam, nur Menschen heute.“

„Albert. Sie ist meine Frau“, flüsterte Mathias und grinste.

„Ähm, gut. Dann rein mit euch, bevor das jemand sieht. Du warst schon immer seltsam.“

Danach führte er sie zu einem kleinen Tisch in hinteren Bereich des Clubs mit gutem Blick auf die Bühne. Dort führte ein Alleinunterhalter von Omicron Perseji seine Witze auf, doch da der Humor von Omicron dem eines überfahrenen Wiesels entspricht, waren die Gäste dementsprechend wenig an seinen Einlagen interessiert.

Nachdem der erste Drink gebracht und hinuntergestürzt war, erschien der Oberboss persönlich und baute sich vor den beiden Gästen auf. „Zurück von den Toten, Mathias?“

„Wieso sagen das alle? Aber es stimmt, ich bin wieder da. Zumindest bis mir wieder das Geld ausgeht. Rosi hat mich ja schon ganz schön ausgesaugt.“

„Sag das nicht zu laut. Er ist auch da, am anderen Ende des Clubs mit einem ganzen Haufen leichter Mädels und seinen Schränken.“ Der Besitzer machte eine ungefähre Deutung in die Richtung und beugte sich dann zu Mathias runter. „Wie viel hast du denn im Moment?“

„Sagen wir einen Großen“, antwortete Mathias vorsichtig.

„Dann bezahl mal deinen Zettel vom letzten Besuch und verschwinde wieder!“

„Das ist doch nicht wahr, Mathias, oder?“ tobte seine Frau los.

„Mal sehen was da noch offen ist“, setzte der Besitzer unbeeindruckt fort, „ein ganzer Haufen Drinks, die Rechnung für elf meiner Mädchen. Reife Leistung übrigens. Dann zwei Tische, acht Stühle, ein Fenster und der Kiefer meines Barkeepers.“

„Mathias, was hast du da getrieben? Elf Mädchen?“

Mathias begann zu schwitzen. Aus den dunklen Regionen seiner Erinnerungen kam langsam ein Schatten hervor. Die Erinnerung an die große Party, die er vor seiner Abreise gegeben und danach in Alkohol weggeschwemmt hatte. Wobei zu erwähnen ist dass er die Party mit leerem Geldbeutel gestartet hatte.

„Hör zu, Christopher, ich will hier einen schönen Abend machen. Ich gebe dir die 1000, dafür bekommen wir heute Abend eine gute Show geliefert. Deal?“

„Mathias, ich dachte es sind 1500?“ fragte da seine Frau. Mathias verzog den Mund. Was für ein Ausrutscher seiner Geliebten.

„Du hast eineinhalb? Dann haben wir einen Deal. Rück die Kohle aber sofort raus.“

Unwillig wechselte das ganze Geld den Besitzer und wenigstens einer verließ grinsend den Tisch.

„Danke, Schatzi, jetzt wird es ein kurzer Abend. Von meiner nächsten Reise bringe ich einen Knebel mit“, flüsterte Mathias und stürzte den nächsten Drink. Doch seine Frau schien ihn nicht zu hören. Sie starrte einfach auf die Bühne und murmelte ab und an: „Elf Mädchen. Er treibt sich mit elf Mädchen rum und kommt dann zu mir. Was für ein Mann…“


Schwarze Post und eine sehr lange Nacht

Der Abend wurde doch länger als erwartet weil der Barbesitzer doch ein weiches Herz zeigte und doch den einen oder anderen Drink aufs Haus schreiben lies.

So kehrten die beiden Turteltauben gegen drei Uhr in der Früh nach Hause zurück. Die Tür hing noch immer schief in den Angeln und in der Wohnung selbst herrschte noch immer dasselbe Chaos. Durch das Fenster waren Abgase eingedrungen, die sich über dem Boden zu einem dichten Nebel angesammelt hatten, den die Lüftung einfach nicht absaugen konnte.

Doch beiden war das ehrlich egal und nachdem sie sich von ihren Schuhen getrennt hatten führte ihr Weg direkt ins Schlafzimmer.

Doch in der Schlafzimmertür blieb Mathias wie angewurzelt stehen bis seine Frau ihm einen Stoß in den Rücken gab der ihn aufs Bett taumeln ließ. Regungslos blieb er dort liegen.

„Was denn los, Honey?“ säuselte sie bis Mathias das Objekt des Schreckens hochhob. Eine schwarze Pfingstrose mit einem Knoten über dem dritten Stachel.

„Was hat das zu bedeuten?“

„DAS ist ein Zeichen. Ein Zeichen dass ich mit meinem Leben abschließen soll. Denn ich drei Tagen wird mir da jemand nachhelfen. Irgendjemand hat einen Attentäter auf mich angesetzt!“

„Das ist ja furchtbar.“

„Furchtbar? Furchtbar! Ich soll getötet werden und du findest da Furchtbar? Ich nenne das eine Katastrophe. Ich muss Rosi anrufen. Oder den Dekan. Irgendjemanden der mich beschützen und hier wegbringen kann. In drei Tagen. Sonst…“

„Sonst was?“

„Werde ich einen sehr qualvollen Tod sterben. Schlimmer als tausend Tode.“

„Was weiß ich. Ich bin doch nur eine kleine unwissende Stripperin aus einem verlassenen Winkel der Galaxie.“

„Was soll das wieder bedeuten?“ schnauzte Mathias.

„Nichts, Honey. Mach dir wegen mir keine Sorgen.“

Mathias raufte sich die Haare. „Ich mach mir aber wegen mir Sorgen. Ich werde jetzt Rosi anrufen.“

„Interessiert mich einen feuchten M…. Wenn ich mein Geld kriege bin ich zufrieden. Ich werde auch mein Geld kriegen. Der Dekan erwartet dich morgen gegen zehn an der Startrampe. Er braucht wohl ein Äffchen“, beendete der Pate das Gespräch und hängte einfach auf bevor Mathias eine Antwort geben konnte.

„Was erfahren?“ fragte seine Frau und brachte ihm eine dampfende Tasse Kakao. Er nahm einen Schluck und verzog angewidert das Gesicht. „Ich hasse die Marsbohnen. Schmecken wie Mist.“

„Wir haben nichts anderes, Honey, ich hatte ja kein Geld zum Einkaufen.“

„Und dank deiner großen Klappe wirst du auch in nächster Zeit keins haben, außer du schaffst welches an. Der Dekan hat dieses Mal im Voraus bezahlt. Allerdings hat Rosi alles eingesackt, wir werden keinen lumpigen Cent davon sehen.“

Mathias stürzte das Getränk und unterdrückte den Brechreiz, dann streckte er sich auf dem Sofa aus. „Ich muss jetzt schlafen. Die Bianca hebt morgen mit mir ab, nur wenn ich nicht mit an Bord bin wird mein Kopf bald rollen.“

Seine Frau nickte und streifte ihr Kleid ab. „Und was wird aus mir?“

„Heute nicht, ich muss schlafen“, jammerte Mathias und drehte sich demonstrativ mit dem Rücken zu ihr. Sie packte ihn jedoch einfach bei den Schultern und drehte ihn um. „Es ist nicht so als ob du eine Wahl hättest.“


Mietschulden und Brechfest

Mathias Plan sich am Morgen unauffällig zur Startrampe zu schleichen, sich dort mit dem Dekan zu treffen und den Job hinter sich zu bringen bevor jemand Lunte riechen konnte schlug von vorn bis hinten fehl.

Bereits um sechs Uhr morgens wurde er durch ein penetrantes Hämmern an der Tür aus seinen von seiner Frau dominierten Träumen gerissen. Darin versuchte er ihr zu entkommen, doch wie immer entkam er nicht und endete schließlich auf dem Rücken.

Auch diesen Morgen schmerzte sein Körper von ihrer sehr unnachsichtigen nächtlichen Behandlung, vor allem der zerkratzte Rücken und der Mund, in dem sich wieder einmal Haare von ihr befanden, die Mathias einer Katze ähnlich in Form eines Haarballs ausspuckte. Dann schlurfte er jammernd zur Tür und sah sich seinem Vermieter gegenüber. Ein kleiner Marsianer (die gab es wirklich und sie waren nicht erfreut durch die Menscheninvasion, die ihren Planeten zu einer Streunerkolonie machten. Aber sie waren zu wenige und zu schmächtig um sich gegen die Menschen zu wehren), flankiert von einem speziell gezüchteten Gorilla scharrte bereits. „Du zahlen Miete nach, sonst Bobo dich quetschen zu Brei“, geiferte der Marsianer, was von einem Gurren des Affen begleitet wurde, der seine gelben Zähne fletschte und dann die Fäuste vor die Brust schlug.

„Hör mal zu Gyr. Ich sage es ganz langsam dass dein Erbengehirn es vor dem Gorilla hier versteht. Ich…habe…kein…Geld. Wenn…du…welches…willst…geh…zum…Paten. Er…hilft…dir…bestimmt…gerne…weiter.“

„Du machen Geschäfte mir Rosi?“ fragte Gyr vorsichtig. Der Gorilla war bei der Erwähnung des Paten ebenfalls zurückgewichen und ergriff als Mathias die Stimme erhob schnatternd die Flucht.

„Ich würde ihn nicht so nennen, an deiner Stelle. Aber ja, wir sind sozusagen Partner.“

„Dann alles gut. Bobo, warte!“ rief Gyr und spurtete seinem Affen hinterher. Wahrscheinlich würden sie den ganzen Tag nicht mehr aus ihrer Wohnung kommen, so groß war ihre Angst vor dem Paten.

Mathias wollte sich inzwischen wieder schlafen legen als gegen sieben Uhr ein Fahrzeug mit verspiegelten Scheiben und zwei Schränken auf den Vordersitzen vorfuhr. Bald darauf stiegen sie aus und holten Mathias samt Frau aus der Wohnung. Obwohl sich seine Frau mit Händen und Füßen wehrte wurden sie in den Wagen verladen und landeten gegenüber dem Paten. Er trug einen edlen Anzug mit sehr unpassenden Springerstiefeln. Die Krawatte war schief und schlecht gebunden, was aber möglicherweise das Werk der Begleitung des Paten war.

„Ich hoffe du bist fit, Champ. Heute ich dein großer Tag“, zischte der Pate und reichte Mathias ein Glas mit Erdenwhiskey. „Trink das, macht dich wach!“

Wortlos stürzte Mathias das Getränk und sah den Paten an. „Was willst du? Und warum muss sie mit?“

„Nennen wir es Sicherung der Ware. Ich weiß dass Gyr, dein Vermieter, bei dir war. Und bevor er mich anrief um zu fragen wer deine Mietschulden deckt, hat er eine ganze Latte von anderen Leuten angerufen die wohl bald deine Bude stürmen werden. Ist aber nicht in meinem Interesse, also bist du hier. Und sie ist sozusagen deine Begleitung, das Pfand und sollte dir etwas zustoßen meine Entschädigung. Erfahrung im horizontalen Gewerbe hat sie wohl genug.“

Mathias Frau knurrte böse und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. „Leute wie du ekeln mich an, Mister.“

„Leute wie ich leisten uns Mädchen wie dieses Geschöpf hier. Zu allem allzeit bereit und auf Knopfdruck im Stand-By. Die Krönung der Robotik, im Moment.“

„Faszinierend“, antwortete Mathias knapp und sah aus dem Fenster. „Wo fahren wir hin?“

„Durch das mysteriöse Verscheiden eines gewissen Geschäftsmanns bin ich jetzt Besitzer einer Imbisskette. Mal sehen wie sie sich macht, sonst reiß ich alles ab und lass was Profit bringenderes bauen. Ein Bordell vielleicht mit exotischer Besetzung?“ Aus dem Augenwinkel musterte er Mathias Frau. „Aber nicht zu exotisch.“

Sie hielten vor einer heruntergekommenen Spelunke in der Nähe des Ports. Die beiden Schränke stiegen aus und sahen sich um bevor sie die Tür öffneten und alle der Reihe nach ausstiegen. Der Pate, nun mit einer Sonnenbrille, lugte über den Rand. „Was für ein Loch. Da lohnt sich nicht mal ein Bordell.“

Sie traten ein und wurden in dem Verdacht bestätigt. Fleckige Wände, beschädigte Innenausstattung und ein Haufen pickliger Teenager aller Rassen hinter dem Tresen. Nun, da der Big Boss erschienen war, herrschte natürlich Panik unter ihnen.

„Einmal Frühstück für den Champ hier und eine Morgenlatte.“

„Das macht 5,99.“

„Ich bin dein Boss, Würstchen. Außerdem hab ich ne Morgenlatte umsonst. Du bist gefeuert. Und du erledigst den Job!“ befahl der Pate und deutete auf den nächsten Mitarbeiter der sich sofort nervös an die Arbeit machte und am Kaffee verbrühte.

„Dante, ruf Angel an und sag ihm er soll den Space-Port sichern. Alle, die mir nicht passen werden, sollen verschwunden sein wenn wir hier fertig sind.“

Der Schrank nickte und verschwand nach draußen. Währenddessen nahm der Pate den Laden genauer unter die Lupe, Mathias und seine Frau wurden von dem anderen Schläger an einen Tisch gesetzt.

Schließlich wurde alles bestellte serviert und Mathias begann langsam und vorsichtig die Eier mit Speck zu löffeln. Die Eier hatten einen leicht grünen Schimmer, der Orangensaft war auch zu hell. In seinem Verdacht bestätigt spuckte schließlich der Pate seinen Kaffee aus, an dem er kurz geschlürft hatte. „Alle gefeuert. Die Bude wird noch heute abgerissen! Frühstück fällt aus, außer du willst den Dreck fressen.“

Mathias schüttelte den Kopf und stand auf. Dann folgte er in sicherem Abstand dem Paten nach draußen. Nur die Roboterfrau blieb sitzen und stopfte schließlich alles mitsamt Teller, Besteck und Tablett in den Mund. „Köstlich.“

Danach verließ sie mit dem Hintern wackelnt und klapperten Schuhen das Lokal, in dessen Fenster bereits das Geschlossen-Schild hing. Ein Bautrupp stellte Schutzblenden auf und als der Wagen des Paten losfuhr, wurde schon die erste Wand eingeschlagen.


Testreihe Zwo

Draußen brüllte der Pate bereits in ein Sprechgerät. „Mir ist egal ob das der letzte McDonalds ist. Das Ding wir abgerissen. Klar?“ Er knallte das Gerät auf den Boden dass es zerbrach. „Dante, ich brauch einen neuen.“

„Kein Problem, Boss“, kaute der Hüne und nahm hinter dem Steuer Platz. „Schon Viertel nach Acht, Boss.“

„Dann kommen wir mal in die Runden.“

Die Fahrt dauerte nicht lange, denn sie blieben im Frühverkehr stecken. Hier war es von Nachteil kein Hooverauto genommen zu haben. Schließlich ließ der Pate alle aussteigen, außer Dante, und so liefen sie zusammen zum Raumbahnhof. Dort herrschte bereits wieder reges Treiben, hauptsächlich verursacht durch die Söldnertruppe, die unter Befehl von Angel versuchte den Raumhafen zu räumen.

Zwischen verärgerten Reisenden und Händlern scharten sich auch einige alte Bekannte von Mathias, die mit Schuldscheinen wedelten. Anscheinend war seine Abreise Gesprächsstoff Nummer Eins.

„Gibt es eigentlich jemanden aus diesem Planeten, dem du kein Geld schuldest?“ stöhnte der Pate und bahnte sich einen Weg zu seinen Männern. Dann gab er kurze Befehle, die die Situation bald schon beruhigten.

Inzwischen war auch der Dekan erschienen und wechselte zuerst einige Worte mit dem Paten, danach tauschten sie Dokumente und Geld aus. Schließlich winkte der Pate Mathias zu sich. „Hier. Damit bist du nach deiner Rückkehr absolut schuldenfrei, dafür sorge ich. Dafür gehört deine Frau jetzt mir, nach deiner Rückkehr die Bianca und in einem Monat deine Wohnung. Alles klar?“

„Und wo soll ich hin?“

„Wir finden einen Job für dich“, zwinkerte der Pate und reichte Mathias die Hand. „Schlag ein, ich hab nicht ewig Zeit.“

„Was wird aus ihr?“ fragte Mathias und deutete mit dem Kopf zu seiner Frau.

„Sie wird ihren Job im Club machen, neue Leute kennen lernen und dich bald vergessen haben. Ist besser für euch beide.“

„Mein Rücken wird es dir danken“, antwortete Mathias und schlug ein. Im selben Moment hatte er ein Sklavenarmband der Raumgilde am Handgelenk. „Ach ja, und du gehörst vorerst dem Dekan. Das war der Deal. Viel Glück noch.“

Der Pate drehte sich um und ging zu seinen Leuten. Mathias sah gerade noch wie seiner Frau ebenfalls ein Sklavenarmband angelegt wurde. Dann führten ihn zwei Chamäleoniten bereits zum Schiff des Dekans, an dessen Bauch die Bianca befestigt war.

„Wohin geht die Reise?“

Aber Mathias erhielt keine Antwort von seinen Wächtern und fand sich bald auf der dunklen Brücke der Bianca wieder. Dröhnend startete das Schiff des Dekans und verließ den Mars.

Der Zentaur auf dem Deck kaute auf einer Speckseite herum während er sich mit dem anderen Vorderhuf an den Hörnern kratzte. „Wakka?“

„Ich spreche eure Sprache nicht“; antwortete Mathias und sah den Piloten fragend an. Dieser hielt ihm die Speckseite hin. Daraufhin schüttelte Mathias den Kopf. „Danke, verzichte.“

„Undankbarer Mensch“, knurrte der Pilot und fuhr mit seinem Sessel ans andere Ende der Konsole. Da betrat der Dekan die Brücke und klopfte in die Hufe. „Normalerweise nehme ich jeden Menschen nur ein Mal. Aber bei solchen tatkräftigen Argumenten…“ Er lachte verhalten und nahm auf dem Kommandosessel platz.

„Worum geht es, Dekan?“

„Wir wiederholen das Experiment vom letzten Mal, falls du dich mit deinem beschränkten Gehirn, das du zu nicht einmal einem Zehntel benützt, erinnerst. Allerdings wird die Beschleunigung verdoppelt, mindestens verdoppelt. Hoffe ich zumindest. Falls dein Schiff zerbrechen sollte, na ja. Auf jeden Fall sind wir gleich bei unserem Zielplaneten. Du könntest an Bord gehen.“

„Wir sind noch immer im Marsorbit.“

„Ja und? Dein Freund meinte wohl er macht ein gutes Geschäft. Dabei hätte er doch wissen sollen dass diese Streunerkolonie hier nicht mehr tragbar ist. Da kommt ein solches Experiment wie meines dem Rat gerade recht um das Problem nicht kostspielig lösen zu müssen.“

„Da unten leben tausende Menschen und sonstige Wesen“, protestierte Mathias.

„Die Bürger der wichtigen Welten sind informiert worden und haben den Planeten verlassen. Das da unten ist für uns nur noch Müll, kann man das so sagen?“ Der Dekan wartete die Antwort erst gar nicht ab. „Ja, Müll. Dann machen wir ihn weg. Hopp, hopp. An Bord. Start der Sequenz in dreißig Erdenminuten. Solange diese Zeitrechnung noch was gilt.“

Mathias schnappte nach Luft, doch da packte ihn ein Wachmann und schleppte ihn unsanft zu seiner Bianca. Zwei ähnlich dem Gorilla von Gyr trainierte Schimpansen befestigten fröhlich schnatternd die Gurte an dem Piloten und stellten die Instrumente ein. Dann hangelten sie sich nach draußen und schlossen die Schleuse.

Ich muss sie warnen, dachte Mathias und aktivierte die Kommunikationseinheit. „Hallo, hört mich jemand auf dem Mars. Dieses Schiff, von dem ich sende, wir den Planeten bald zerstören Hallo?“

„Raus aus dem Funknetz, du Freak“, kam die Antwort der Flugleitstelle des Raumhafens. Darum wählte Mathias die Adresse des Paten direkt an. „Rosi, du hast ein Problem. Traue keinem Zentaur, vor allem nicht wenn er deinen Planeten rösten will.“

„Nenn mich nicht Rosi!“ schnaubte der Pate und erschien auf dem Bildschirm, „und was laberst du?“

„Der Dekan will den Mars ausradieren“; antwortete Mathias kurz.

„Du nimmst mich auf den Arm. Wenn dir langweilig ist, nerv die Flugüberwachung. Ich hab zu tun. Ende und aus!“

„Mutterschiff an Bianca. Start in fünf Sekunden.“

Mathias sah nach unten. Das Flimmern, das über die Atmosphäre ging, die Energieballung, die sich über dem Nordpol bildete. Dann das Glühen, das die Kontinente erfasste, alles Wasser verdampfte und dann den Fels zerbrechen lies. Hinter der Bianca entwickelte sich eine Beschleunigungswelle. Wie von einer gigantischen Faust getroffen flog das kleine Schiff los. Die Heckflossen rissen durch die Belastung wie dürre Zweige ab und Mathias wurde so tief in den Sitz gepresst das er das Gefühl gleich zerquetscht zu werden.

Auf dem neuen Sensorenschirm sah er die Markierungspunkte, die der Dekan entlang seiner Flugbahn gesetzt hatte, vorbeiziehen. Meist waren es Sonden, ab und an kleinere Schiffe. Eines der Schiffe wurde gerade von Piraten geentert und die Crew verließ unfreiwillig ihr Schiff durch die Schleuse.

Plötzlich ging ein Ruck durch das Schiff, bei dem Mathias meinte es würde gleich zerbrechen. Doch der Ereignishorizont überdehnte sich noch einmal und plötzlich stand das Schiff still. Rund um es herum war nichts, nur tiefe Schwärze und Stille. Innerhalb der Reichweite aller Instrumente war nichts, überhaupt nichts.

„Computer. Frage: Lage?“

„Negatives Ergebnis. Frage kompensieren.“

„Wo sind wir?“

„Negative Antwort. Keine verwertbaren Parameter verfügbar.“

„Na toll. Gefangen Irgendwo im Nirgendwo. Die Heimat verbrannt von einem irren Wissenschaftler. Kann es noch schlimmer kommen.“

Da leuchtete der Bildschirm auf und ein Hologramm des Dekans erschien: „Wenn meine Berechnungen stimmen, Äffchen, befindest du dich jetzt im Nullraum. Dort ist entweder alles oder nichts, und es ist deine Aufgabe herauszufinden was da ist. Es wird wohl keinen Weg geben dich zurückzuholen, aber das ist eben der Preis. Wir werden dein Signal irgendwann empfangen. Aber du wirst dann schon lange zu Staub zerfallen sein. Auf Wiedersehen, mein Äffchen. Traue niemals einem Zentauren. Hahaha!“

„Toll, wirklich toll“, murrte Mathias und sah sich um. Da waren nur seine Sachen sonst nichts. Und natürlich die Leere des Nullraums.

Was der Attentäter wohl denken wird wenn er mich nicht findet? Oder war er auf dem Mars als er ausgelöscht wurde? Viele Fragen huschten durch Mathias Geist sodass er das grelle Licht am Ende der Schwärze nicht entdeckte.


Gott ist ein Huhn?

Plötzlich war etwas anderes an Bord der Bianca.

Mathias spürte es sofort und schreckte aus dem Schlaf hoch. Seit er alle Uhren zerstört hatte wusste er gar nichts mehr. Waren nur Stunden vergangen? Oder Tage, Wochen?

Zeit war hier irrelevant, Ort war hier irrelevant. Alles für die Katz wenn man der letzte Mensch auf Erden ist. Stimmt denn das? Es gibt keine Erde mehr, keinen Mars, wahrscheinlich keine Menschen mehr. Außer in ein paar Zoos, zur Belustigung einiger Kinder.

Der Mensch macht Männchen. Gib ihm ein Happa.

Da war jetzt aber etwas. Hinter ihm. Langsam drehte Mathias sich um und sah eine seltsame Lichterscheinung im Raum schweben. Als er sie genauer betrachten wollte nahm sie eine Form an. Die Form eines riesigen Huhns, das mit der linken Kralle am Boden scharrte und dann nervös zu gackern begann.

„Ich glaube ich bin wahnsinnig geworden. Da steht ein Huhn im Raum“, murmelte Mathias und rieb sich die Augen. Da legte das Huhn doch glatt ein Ei auf seine Brücke.

„Hey, ein Frühstück!“ rief Mathias und stand auf.

„Finger weg. Das ist der neue Messias!“ gackerte da das Huhn. Erschrocken sprang Mathias in seinen Sessel zurück und riss die Arme hoch. „Tu mir nichts.“

„Natürlich werde ich den ersten Menschen seit ich euch erschaffen habe, der es bis zu mir schafft töten. Was für ein Gott wäre ich?“

„Ein schlechter Gott?“ fragte Mathias und überlegte parallel. Ein Gott?. Gott ist ein Huhn?

„Das könnte hinkommen. Also was willst du?“

„Was ich will?“

„Du wirst ja wohl auf der Suche nach mir gewesen sein wenn du schon hier landest“, antwortete das Huhn und scharrte weiter.

„Ich weiß nicht. Vielleicht nach Hause. Da fällt mir aber ein dass mein Zuhause weg ist. Zwei Mal von irgendwelchen Außerirdischen zerstört.“

„Argh, das meine Schöpfungen sich immer gegenseitig zerstören müssen“, ärgerte sich das Huhn und sah das Ei an. „Und mein Sohn tut ja auch selten was dagegen. Das letzte Mal als ich ihn raus gelassen habe, ließ er sich an ein Kreuz nageln.“

„Und jetzt? Was wirst du tun?“

„Alles wieder herstellen. Schließlich bin ich Gott. Alles zurück zum Ursprung, der Messias auf die Welt und mal sehen wie sich dieses Mal die Dinge entwickeln. Oder hast du eine bessere Idee?“

„Das nächste Mal vielleicht nicht als Huhn auftauchen? Und mich mit einer Alienfrau bestrafen?“

„Mal sehen wonach mir ist. Aber das mit dem Huhn werde ich beherzigen.“ Da gackerte das Huhn.


Alles beim Alten – nur Gott ist jetzt ein Hahn

Die Bianca schwebte im Orbit über der Erde. Welch Perle in diesem Sonnensystem. Daneben der graue Mars, gerade besiedelt und am Siedepunkt des Terraformingsprogramms. Mathias verfolgte den Datenstrom und stellte fest dass die Ladung komplett war. „Alles zum Starten vorbereiten!“

„Antrieb bereit“, antwortete der Zentaur am Steuer und sah über die Schulter. „Nicht schlagen, bitte.“

„Warum sollte ich Sie schlagen, Durgal. Sie machen Ihre Sache doch gut.“

„Danke, Herr“, schleimte der Pilot und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

„Waffen bereit. Aber keine Piratenaktivität“, meldete Dag Durnik von hinten. Auch er zog den Kopf in Erwartung von Prügeln ein.

„Keine Sorge, Dag“, beruhige Mathias ihn, „es gibt keinen Grund Angst zu haben. Außer vor meiner Frau.“ Er lachte, doch in diesem Moment öffnete sich zischend das Schott zur Brücke.

„Mathias!“

Der Kapitän der Bianca sank in seinem Sessel zusammen und zog den Kopf ein. „Ja, Schatzi?“ Vorsichtig drehte er sich um und sah seine wunderschöne Frau an, die im Moment leicht rot vor Wut war.

„Warum ist deine Koje nicht aufgeräumt?“

„Macht ich sofort, Schatz“, sagte Mathias und sprang auf. Während das Schiff sich langsam in Bewegung setzte schlich er zu seinem Quartier, unter den wachsamen Augen von Bianca. Die beiden anderen Crewmen grinsten sich an, wohl wissend dass nicht nur sie einstecken mussten.

Als Mathias seine Koje zusammenräumte erschien in einem Nebelgebilde der Kopf eines Hahns. „Besser so?“

„Sie sind noch immer ein Huhn? Wie soll ich Sie eigentlich nennen?“

„Irgendwie gefällt es mir als Huhn. Und nenn mich Doug.“

„Also Doug. Alles schön und gut. Nur mussten Sie mich mit diesem Drachen bestrafen?“

„Den hast du dir doch selber ausgesucht“, lachte Doug und verblasste langsam. „Grüß den Paten von mir“, rief er bevor das Gebilde ganz verschwand.

„Den Paten?“ murmelte Mathias. Da aktivierte sich auch schon ein Kommunikationskanal und ein bekanntes Gesicht erschien. „Alles senkrecht, Champ?“

„Kann nicht klagen, Rosi.“

Der Pate verzog sein Gesicht. „Nenn mich nicht so. Gute Nachrichten. Die Schulden sind nun beglichen und ich glaube dass…“

Mathias hörte nicht mehr hin. Dieses Sternentagebuch würde viel besser laufen als sein Altes. Sein altes Sternentagebuch, das versteckt unter seinem Kopfkissen lag und die Ereignisse zusammenfasste bevor er Gott – Doug – traf.

Unbewusst hob er das Kopfkissen an und erschrak. Es war weg. Da betrat Bianca die Koje und musterte sie abschätzig. Sie hielt das Buch in Händen. „Statt solch seltsame Geschichten zu schreiben solltest du öfter aufräumen. Aber für den Moment reicht es. Machen wir lieber etwas Schmutz. Oder etwas schmutziges?“

Das ist eine Realität die mir gefällt.

Nicolai Rosemann