14.01.2010

Admonitio

Bei dem Versuch der unbeeinflussbaren Gedankenschleuder einmal durch bewusstes positives Erinnern etwas entgegenzusetzen, stellt sich ziemlich schnell Ernüchterung ein.
Jedes mal wenn ich glaube etwas Tolles gefunden zu haben, schleicht sich das "aber" ein. So funktioniert das nicht. Wo ist der Trotz, der mir so oft zur Seite stand und aus allem Übel immer das "jetzt erst recht" gemacht hat? Ich muss ihn irgendwo an einer Raststätte vergessen haben.

Während jemand in diesem Kopf noch immer die Telefonnummern der Grundschulfreundinnen blind herunter rasseln kann (seit mehr als 20 Jahren nicht gesehen^^), bleiben mehr als viele Sachen in ewiges Dunkel gehüllt. Für das Meiste davon ist es vielleicht besser so. Leider kriechen kleine Fetzen davon immer dann hervor wenn man sie gerade am wenigsten gebrauchen kann.
Der Abstand zu vielen Sachen ist denkwürdig. Was ich noch vor nicht allzu langer Zeit mit einem selbstbetrügenden "Es gehört zu mir und ich möchte es nicht missen!!" kommentiert habe, ist mir heute nicht nur suspekt oder bestenfalls peinlich, nein es kotzt mich an oder macht mir zu schaffen. Sollte das geistige Reife, oder deren Umnachtung sein? Erinnern wirft unzählige Fragen auf.
Abgesehen von den zugefügten Abartigkeiten, jeder kennt dämliche Jugendsünden, die man grinsend belächelt oder von denen man peinlich berührt ist bzw. sich in Grund und Boden schämt. Warum gibt es aber so viele Sachen, bei deren Erinnerung ich mich frage ob dieser Irrsinn tatsächlich auf meinen Mist gewachsen war. Die mich anekeln, anwidern oder für die sich manche von uns schämen? Die ich sehe als sähe ich eine andere Person. Viele meiner Handlungen erscheinen mir heute mehr als absurd, auch wenn ich für manche Erklärungen liefern kann, die aus dem Lehrbuch stammen könnten.

Wenn ich in diesem Augenblick zurück blicke, beherrscht mich die Überzeugung mein Dasein vergeudet zu haben. Ein Lebenlang "das Leben" auf später verschoben weil "das Überleben" gerade Vorrang hat. Eine Aneinanderkettung von Zwischenlösungen, die alle in weitere Sackgassen geführt haben, aus denen man dann nur deshalb entkam weil man über den Zaun geklettert oder über den Bürgersteig gefahren ist. Selbstbetrug, Ignoranz und Resignation beherrschen wir auf Gottgleicher Ebene. Und immer die Frage im Kopf "Wie lange soll das noch so gehen?" - Immer wieder unterbrochen von der tiefen Erkenntnis auf dem Holzweg zu sein und es anders zu versuchen.

Es könnte so einfach sein Vergangenem den Rücken zu kehren und nach vorne zu sehen. Wie aber soll man das tun, wenn man sich doch allein über die Summe seiner Erfahrungen definiert weil in der Gegenwart das Ich nicht greifbar ist? Man in den Spiegel sehen muss um sich eine Identität zu geben. Alleine nicht existiert weil nichts da ist was reflektiert und in Gemeinschaft nicht sein kann weil Nähe so bedrohlich ist.

Aber was soll's? Kann man doch immer noch als schlechtes Beispiel dienen! ;)