16.02.2010

Star Trek – The Next Generation - Widerstand

Titel: Widerstand
Serie: Star Trek – The Next Generation
OT: Star Trek – The Next Generation: Resistance
Autor: J.M.Dillard
Ü: Bernd Perplies
ISBN: 978-3-941248-62-5
Seiten: 310
Verlag: CrossCult, 2009
Rezension: Frank Drehmel


Nach dem Fortgang Rikers und Trois auf die „Titan“ muss die Crew der Enterprise neu geordnet werden. Für den vakanten Posten des ersten Offiziers hat Captain Picard den Klingonen Worf vorgesehen, während dem Schiff als neuer Counselor von der Sternenflotte die in vielerlei Hinsicht untypische Vulkanierin T'Lana zugewiesen wird. Die Situation des Umbruchs wird dadurch kompliziert, dass Worf sich wie ein kleines Mädchen ziert und die Beförderung ablehnt, dass sich T'Lana nicht gerade als Ausbund an Herzlichkeit erweist und zudem grundsätzliche Probleme mit Klingonen zu haben scheint und dass Jean-Luc übelst unter Visionen leidet, welche ihm das Kommen einer neuen Borg-Königin ankündigen, an der versprengte Drohnen gerade „rumschrauben“.
Als aufrechter Föderationssoldat informiert er zwar die Sternenflotte in Person Kathryn Janeways über seine Vorahnungen bezüglich der Borg, ignoriert allerdings ebenso herzlich deren Befehl, auf Verstärkung zu warten, und führt die Enterprise unter Protest T'Lanas an jenen Ort, wo ihn sein siebenter Sinn das Kollektiv vermuten lässt.
Von der hirnrissigen Idee besessen, als Borg würde er leichter die im Entstehen begriffenen Queen innerhalb des gigantischen Kubus-Raumschiffs des Feindes orten können, lässt er sich von Crusher in Locutus verwandeln und beamt mit einem kleinen Außenteam an Bord des Feindes.
Die Mission schlägt grandios fehl: das Team wird ausgelöscht und Picard/Locutus endgültig assimiliert.
Nun ist es an Crusher, Worf & Co, den Captain aus dem Kubus zu popeln, wobei es sich als fatal erweist, dass die Borg nicht länger die freundlichen, assimilationsgeilen Drohnen von nebenan sind, als die man sie bisher kannte, sondern echt fiese Charakterzüge in Richtung freudvolles Morden, Metzeln und Zerstören an den Tag legen. Daher müssen die Retter in spe ganz tief in die föderative Trickkiste greifen, um überhaupt eine Chance gegen diese nächste Generation bleichgesichtiger Cy-Borgs zu haben.


Nachdem „Tod im Winter“ von Michael Jan Friedman als verordneter Neu-Beginn des belletristischen TNG-Franchises schon keine Offenbarung frischer Ideen darstellte, sondern eher altbacken als modern, behäbig – ja geradezu träge - als dynamisch daher kam, ist es nun an Jeanne Kalogridis alias J.M. Dillard die Serie in neue, in tiefere Abgründe zu führen. Dabei gestaltet sie die Demontage all dessen, was einem TNG-Fan je lieb und teuer war, so allumfassend, dass einem Verriss-geneigten Rezensenten die Freudentränen aus den Äugelein kullern.
Beginnen wir mit den Charakteren: exakt eine einzige Person des Dillard'schen Figuren-Kanons verkörpert das, was man als objektiver Leser an Bord eines Raumschiffes wie der Enterprise erwarten darf: Professionalität, die Fähigkeit, rational abgewogene Entscheidungen zu treffen, sowie die Anerkenntnis von Hierarchien; und diese Person ist der neue Counselor T'Lana. Alle anderen – von Picard bis hin zu Worf – werden, „out of Series-Character“, als kindische, bestenfalls egozentrische Dilettanten gezeichnet, die um sich selbst und ihre persönlichen Probleme kreisen, zu rationalen Abwägungen nur bedingt fähig sind, einer Art Corps-Geist folgen, sich Plattitüden um die Ohren knallen und ihr Ego über das große Ganze stellen.
Auf der Figurenseite sind natürlich auch noch die Borg zu erwähnen. Wer glaubte, mit der Diminutivierung dieser kosmischen Ur-Gewalt durch den Kino-Film „First Contact“ und die spätere Voyager-Serie sei das untere Ende der Fahnenstange erreicht, reibt sich angesichts der endgültigen Banalisierung durch Dillard erstaunt die Augen: aus der konzeptionell radikalsten und gesellschaftlich exotischten Spezies werden triviale 0815-Schurken, die nunmehr niedere und vor allem vollkommen ineffiziente Emotionen wie Rache oder Zerstörungswut antreiben.
Zertrümmerte Figuren und Konzepte sind das eine, eine unglaublich dämliche Story das andere. Dieses ganze Herz-Schmerz-Geseier kann ja noch ertragen (durch Ignorieren), auch weil es in Star Trek in der Vergangenheit jenseits des Technobabbels gerne mal humanoidelte; dass jedoch LaForge föderative Tarntechnologie per Cheat-Eingabe aus dem Hut zaubert, Beverly in Nullkommanix ein Anti-Borg-Spray bastelt, und dass Picads als menschliches Trüffelschwein für Borg-Kuben und -Queens fungiert, wobei er unbedingt einen auf dicken Locutus machen muss, ist neben der Art und Weise, wie die beiden Außentrupp-Missionen von der Autorin plakativ bzw. unplausibel „designt“ sind, ein einziges großes, intellektuelles Armutszeugnis, ein Ausdruck überwältigender Ideen- und Konzeptlosigkeit.


Fazit: Angesichts eines solchen Franchise-Roman-Desasters ist man geneigt, zu beten, zu flehen, zu fluchen und schließlich erschöpft zu hauchen: Requiescat in pace, Star Trek!