Titel: Das Grab des Salomon
OT: Solomon’s GraveAutor: Daniel G. Keohane
Ü: Michael Krug
Seiten: 352, Hardcover
ISBN: 978-3-902607-00-3
Verlag: Otherworld Verlag, 2007
Rezension: Frank Drehmel
Als Nathan Dinneck in die Stadt seiner Kindheit und Jugend, das amerikanische Provinzkaff Hillcrest, zurückkehrt, um dort als Baptisten-Prediger den alten Pastor Hayden abzulösen, hegt er Zweifel, ob er der Aufgabe gewachsen ist, den Freunden und Bekannten, den Leuten, die ihn schon als kleinen Hosenscheißer kannten, als Seelsorger zu dienen. Zudem plagen ihn seit einiger Zeit Träume und Visionen von einem dunklen Tempel und düsteren Engeln. Als guter Christ sieht er seine Berufung jedoch als Prüfung und übernimmt daher die Amtsgeschäfte seines Vorgängers ohne allzu großes Zögern.
Schnell wird ihm klar, dass in Hillcrest etwas Merkwürdiges vor sich geht. Insbesondere sein eigener Vater, der früher geradezu eine Verkörperung des Glaubens war, gibt sich sonderbar distanziert. Nathans Mutter führt dieses auf den neuen Umgang des alten Mannes zurück, der sich regelmäßig im neu gegründeten Hillcrest Men´s Club rumtreibt.
Als der junge Pastor der Angelegenheit nachgeht, trifft er auf Peter Quinn, den charismatischen Vorsitzenden des Clubs. Was Nathan nicht weiß: Quinn gehört der Sekte der Ammoniter an und möchte seinem dunklen Gott, Moloch, den Zugang zu dieser Welt ermöglichen. Dazu bedarf er jedoch einer der heiligsten Reliquien des Christentums, die Quinn irgendwo in Hillcrest vermutet. Dank seiner besondere suggestiven Fähigkeiten manipuliert der Ammoniter gezielt Personen, um einerseits Zweifel am christlichen Glauben zu säen und andererseits sein Geheimnis zu schützen.
Auch wenn Nathan in der Gegenwart Quinns ein deutliches Unwohlsein verspürt, so akzeptiert er zunächst dessen Ausführungen. Weitere Nachforschungen führen den Priester zu Vincent Taretti, den Friedhofsgärtner von Hillcrest. Doch wie Quinn erweist sich auch dieser Mann, den etwas Seltsames umgibt, als verschlossen, ja geradezu brüsk und unfreundlich.
Dann wird der alte Pastor Hayden ermordet und Nathan beginnt allmählich zu begreifen, dass Hillcrest im Mittelpunkt eines Konfliktes biblischen Ausmaßes steht, in dem er selbst eine tragende Rolle zu spielen scheint.
Das Herausragendste an Keohanes Roman ist zweifellos die Verpackung als ein Hardcover, dessen Schutzumschlag ein durch Drucklack-Elemente veredeltes Engel-Motiv ziert, wobei des Bild selbst auf der künstlerischen bzw. handwerklichen Ebene eher Groschenroman-Qualität aufweist; ein Mangel, der sich - bedauerlicherweise - wie ein roter Faden durch das bisherige Programm des Otherworld Verlags zieht: regelmäßig wird die hochwertige Ausstattung der Publikationen durch geradezu trashig wirkende Cover-Bilder konterkariert.
Auf der inhaltlichen Ebene bietet “Das Grab das Salomon” lediglich Durchschnittskost. Die Handlung ist vorhersehbar und so unheimlich wie eine Doppelfolge der Teletubbies (was nicht heißt, dass es nicht doch Menschen gibt, die rundliche Stofffiguren mit Fernseher im Bauch und Antenne auf dem Kopf beängstigend finden).
Metaphysische Entitäten - Gott & Co - pfuschen von Anfang an kräftig im Leben der Sterblichen rum. Visionen, Träume, - je nach Perspektive - glückliche Zufälle oder auch besondere Fähigkeiten, sollen die jeweilige Mannschaft die Siegerstraße bringen. Dieses nimmt der Geschichte den Großteil an Spannung, denn als guter Christ hegt man zu keinem Zeitpunkt irgendeinen Zweifel, wer am Ende die Arschkarte zieht.
Bis es aber schließlich gleichsam reinigendes Feuer “regnet”, darf man sich an den Seelenqualen insbesondere Nathan Dinnecks delektieren, der an Gefühlen so ziemlich alles auffährt, was einem depressionsaffinen Leser den Tag versüßt. Peter Quinn, sein großer Gegenspieler, steht ihm im Trübsal blasen kaum nach, sodass Tristesse und kleinbürgerliche Miefigkeit die Atmosphäre der mit verquaster, fast schon kindlicher Trivial-Religiosität durchsetzten, sich sehr behäbig entwickelnden Handlung bestimmen.
Jedesmal, wenn ich solche freudlosen Christen-Storys lese, in denen mir ein Autor irgendwelches Gott- und Anti-Gott-Gedöns einschließlich der Weltuntervernichtungs- und -beherrschungsspielzeuge dieser Mächte um die Ohren haut, jubiliere ich aufs Neue über mein Atheisten-Daseins. Halleluja!
Dass der Roman trotz der drögen Handlung dennoch nicht unterdurchschnittlich abschneidet, liegt vor allem an zahlreichen Charaktermomenten, die zwar von Trübsal dominiert werden, die aber nichtsdestotrotz von Keohane anschaulich und nachvollziehbar ausgearbeitet sind. Auch wenn die Figuren nicht vor Originalität strotzen und genau die Rollen spielen, die man als belesener Spielfilm- und Serien-Junkie erwartet, wirken sie lebendig und unter der Prämisse, dass nicht jeder Gläubige automatisch einen an der Waffel hat, wohltuend normal.
Neben den Figuren ist es Keohanes angenehme, eingängige und leichte “Schreibe”, die einen den Roman länger durchhalten lässt, als es die Handlung alleine rechtfertige. Wortgewalt oder diffizilen Satzbau sucht man zwar vergebens, aber hinter den Browns, Kings oder Holbeins dieser Welt braucht sich der Autor in stilistischer Hinsicht nicht verstecken.
Fazit: Ein Mystery-Thriller von der Stange. Nett zu lesen, aber weder originell, noch sonderlich spannend.